Britisches Wirtschaftswachstum 2015 verlangsamt

London (APA/Reuters) - Die britische Wirtschaft hat 2015 der globalen Konjunkturabkühlung Tribut gezollt und an Fahrt verloren. Das Bruttoin...

London (APA/Reuters) - Die britische Wirtschaft hat 2015 der globalen Konjunkturabkühlung Tribut gezollt und an Fahrt verloren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg noch um 2,2 Prozent, wie das nationale Statistikamt ONS am Donnerstag mitteilte. Im Jahr davor hatte ein kräftiges Plus von 2,9 Prozent die Briten noch zum Wachstumsstar in der G-7-Gruppe der führenden Industrieländer gemacht.

Doch das Schwächeln Chinas und anderer Schwellenländern bremst die britische Wirtschaft - vor allem die Industrie. Ökonomen gehen davon aus, dass sich die britische Zentralbank deshalb anders als ihre US-Kollegen von der Federal Reserve (Fed) erst einmal Zeit lässt mit der ersten Zinserhöhung.

Notenbankchef Mark Carney hatte vorige Woche betont: „Jetzt ist nicht die Zeit, die Zinsen anzuheben.“ Auch gebe es keinen „festen Fahrplan“ dafür. Zunächst müsse die Wirtschaft stärker wachsen und die Inflation anziehen. Zudem könnte das Referendum über Verbleib oder Austritt der Briten aus der EU Volkswirten zufolge für einen weiteren Aufschub sorgen. „Wegen des niedrigen Inflationsdrucks hat die Bank von England mehr Spielraum, die Zinsen vorerst niedrig zu lassen und abzuwarten, bis die Unsicherheit rund um einen ‚Brexit‘ abnimmt“, sagte James Smith von der Großbank ING. Er erwartet eine Erhöhung des historisch niedrigen Zinssatzes von 0,5 Prozent frühestens im November.

Die US-Notenbank hatte die Zinswende bereits im Dezember vollzogen. Die Währungshüter um Fed-Chefin Janet Yellen signalisierten am Mittwoch aber, nun zunächst nichts überstürzen zu wollen und die von heftigen Turbulenzen geschüttelten Finanzmärkte sowie die abflauende Weltkonjunktur genau im Blick zu haben.

Die britische Wirtschaft konnte zwar im Schlussquartal 2015 - wie von Ökonomen erwartet - ihr Wachstum leicht auf 0,5 von 0,4 Prozent im Sommer beschleunigen. Impulse kamen aber nur vom Service-Sektor, der um 0,7 Prozent zulegte. Die exportorientierte Industrie hingegen, die unter dem starken Pfund und der schwachen Auslandsnachfrage litt, stagnierte nur.

Schwarzmalerei halten viele Experten aber für verfehlt. Denn mit plus 2,2 Prozent dürften die Briten beim Wachstum im Kreise der G-7-Staaten auch 2015 zusammen mit den USA die Nase vorn haben. Zudem verwies ING-Fachmann Smith auf die steigende Beschäftigung und betonte: „Die britische Wirtschaft hat einen vielversprechenden Start ins Jahr 2016 hingelegt.“ Auch NordLB-Analyst Tobias Basse sprach von einem „prinzipiell anhaltenden Aufschwung“. Laut Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird die Konjunktur auf der Insel auch in diesem und im kommenden Jahr um 2,2 Prozent zulegen. Die deutsche Wirtschaft war 2015 um 1,7 Prozent gewachsen, für dieses Jahr sagt die Regierung ein ähnliches Plus voraus.