Wiener Lobautunnel: Umweltschützer sehen Projekt „in weiter Ferne“
Wien (APA) - Nächster Schlagabtausch um den geplanten, aber umstrittenen Lobautunnel in Wien: Laut den Gegnern des Großprojekts muss die Asf...
Wien (APA) - Nächster Schlagabtausch um den geplanten, aber umstrittenen Lobautunnel in Wien: Laut den Gegnern des Großprojekts muss die Asfinag, die für den Bau zuständig ist, dem Bundesverwaltungsgericht Unterlagen nachreichen. Kommt die Gesellschaft dem nicht nach, so bedeute dies ein „k.o. für das Projekt“, so Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltorganisation VIRUS.
„Die Realisierung ist in weiter Ferne, wenn es überhaupt möglich ist, so ein Projekt umzusetzen“, unterstrich Rehm am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Derzeit prüft das Bundesverwaltungsgericht in zweiter Instanz den positiven Umweltverträglichkeitsbescheid für den S1-Abschnitt Schwechat bis Süßenbrunn - inklusive des umstrittenen Lobautunnels. Dazu wurde ein neuer Sachverständiger für Hydrogeologie bestellt, der ein neues Gutachten erstellte.
In diesem sei zum Beispiel die Grundwassermodellierung, auf dem das Bauprojekt aufbaut, „komplett zerpflückt“ worden, so Rehm. Die geologische Bearbeitung müsse praktisch neu starten und werde das Projekt um Jahre zurückwerfen.
Laut einem, auf dem Gutachten basierenden Gerichtsbeschluss, der an Medienvertreter in Kopie verteilt wurde, gibt es zahlreiche Nachforderungen von Unterlagen an die Asfinag. Die Informationen müssen bis Mitte April eingereicht werden. Ob dies der Straßenbaugesellschaft gelingt, lassen die Umweltschützer offen. Sie vermuten, dass entweder eine Fristverlängerung beantragt oder „nach üblichem Muster“ irgendetwas geliefert werde, dass dann nochmals verbessert werden müsse.
Schleierhaft ist Rehm, warum die Asfinag, die seit Dezember Kenntnis vom Gerichtsbeschluss haben müsste, Mitte Jänner im Rahmen einer Pressekonferenz am Projekt in seiner jetzigen Form wie auch am Zeitplan festhielt. „Das bleibt ihr Geheimnis“, so Rehm. Er ist der Meinung, dass das Bauprojekt „so nicht bleiben“ werde. Auch der Zeitplan werde in der Form nicht halten, ist er überzeugt. So würden nicht nur die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Aufhebung der Lärmverordnung, sondern auch weitere Genehmigungen, die noch nicht einmal beantragt seien, fehlen.
Am UVP-Beschwerdeverfahren sind laut Rehm zehn Parteien beteiligt - Umweltschutzorganisationen, Privatpersonen, Bürgerinitiativen und die Gemeinde Groß-Enzersdorf. Die Stadt Wien sei nicht beteiligt - hätte aber die Möglichkeit gehabt, dies zu tun, so der Umweltschützer. Er hielt fest: „Ob das Projekt gebaut werden darf, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.“ Wenn man es dürfe, dann könne die Politik entscheiden, ob sie es bauen wolle. Sein Vorschlag lautet: Da das Projekt stillsteht, soll die Regierung die im rot-grünen Koalitionsvertrag festgehaltene Prüfung von Alternativen zum Tunnelprojekt starten.
Die Projektgegner nutzten die Pressekonferenz auch, um nochmals auf ihre Bedenken hinzuweisen. U.a. bezweifeln sie einmal mehr die Erdbebensicherheit des Tunnels. Weiters warnte Godfried Wessely, ehemaliger Chefgeologe der OMV, dass die Stadt dem aus seiner Sicht bedeutenden Schutzgut Grundwasser zu wenig Aufmerksamkeit schenke. Zwar werde Wien von der Hochquellwasserleitung mit Trinkwasser versorgt. Diese habe aber keine „Abdichtung nach oben“: „Wenn es kontaminierten Regen gibt, dann ist das Wiener Hochquellwasser zum Vergessen“, warnte er mit Verweis auf potenzielle Bedrohungen durch einen Chemieunfall oder einen Terroranschlag.
Das Lobau-Grundwasser sei hingegen Oberflächeneinflüssen nicht ausgesetzt: „Es ist als Notwasser zu bezeichnen.“ Der geplante Tunnel könnte diese Reserven zerstören. Er befürchtet, dass der Tunnel im Laufe der Zeit nicht dicht sei. „Wenn es nur Haarrisse im Beton sind, ist das Wasser kontaminiert“, warnte Wessely.
~ WEB http://www.asfinag.at ~ APA318 2016-01-28/13:21