Zika-Virus - WHO in Alarmbereitschaft - Großoffensive in Brasilien
Genf/Brasilia/Wien (APA/dpa/Reuters) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will am kommenden Montag entscheiden, ob wegen des Zika-Virus i...
Genf/Brasilia/Wien (APA/dpa/Reuters) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will am kommenden Montag entscheiden, ob wegen des Zika-Virus in Lateinamerika ein weltweiter Gesundheitsnotfall ausgerufen werden muss. „Wir sind extrem alarmiert“, sagte Generaldirektorin Margaret Chan am Donnerstag in Genf. Der Erreger verbreite sich in einigen Gegenden fast explosionsartig, betonte Chan bei einer Sitzung des WHO-Exekutivrates.
Nach WHO-Angaben gibt es in Brasilien möglicherweise 1,5 Millionen Zika-Fälle. Zugleich warnte die UN-Organisation vor Panik. „Das ist nicht Ebola“, sagte der Direktor und Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten, Marcos Espinal. Er erwarte zwischen drei und vier Millionen Infizierte. Bisher sei er in insgesamt 23 Regionen Amerikas aufgetreten.
Der Erreger steht im Verdacht, schwere Schädel-Fehlbildungen bei Ungeborenen zu verursachen, wenn sich die Mutter während der Schwangerschaft damit infiziert: Die Babys kommen mit einem viel zu kleinen Kopf auf die Welt (Mikrozephalie); geistige Behinderung ist die Folge. Vor der starken Ausbreitung galt das Zika-Virus als eher harmlos - typische Symptome sind leichtes Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Hautrötungen. Vermutlich 80 Prozent der Infizierten haben überhaupt keine Symptome. Gegen Zika gibt es weder Impfung noch Behandlung.
Das brasilianische Militär will mit einer Großoffensive Stechmücken als Überträger des Virus bekämpfen. Verteidigungsminister Aldo Rebelo betonte am Mittwochabend bei der Vorstellung des Programms: „Wir müssen alle Kräfte des Staates und der Gesellschaft bündeln.“ In Brasilien soll in 356 Städten und Gemeinden sowie Tausenden Schulen über die Gefahr aufgeklärt und Moskitos und deren Eiablageplätze vernichtet werden. 160.000 Soldaten, 30.000 Angehörige der Marine und 30.000 Militärs der Luftwaffe werden dafür eingesetzt.
In Brasilien wurden seit vergangenem Jahr 4.180 Mikrozephalie-Fälle bekannt - 68 Babys starben. Das Gesundheitsministerium sieht einen klaren Zusammenhang mit dem zuvor kaum bekannten, ursprünglich aus Afrika stammenden Zika-Virus. Auch in Rio de Janeiro, Austragungsort der Olympischen Spiele im August, hat die Zahl solcher Schädelfehlbildungen deutlich zugenommen.
Staatspräsidentin Dilma Rousseff kündigte für Dienstag ein Krisentreffen der Gesundheitsminister des südamerikanischen Staatenbundes Mercosur an. Vor dem nächste Woche beginnenden Karneval sollen auch am Hauptveranstaltungsort, dem Sambadrom in Rio de Janeiro, Moskitos mit Spezialmitteln bekämpft werden, damit keine Gefahr für die Besucher besteht.
Auch Nicaragua meldete erste Infektionen. Honduras wies etwa 1.000 Ansteckungen nach. Der Erreger ist in über 20 Ländern Lateinamerikas aufgetaucht. Experten befürchten eine Ausbreitung auf den gesamten amerikanischen Kontinent - mit Ausnahme von Alaska und Teilen Chiles.
Die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine warnte Schwangere vor Reisen in französische Überseegebiete. Geplante Touren etwa auf die Karibikinsel Martinique oder nach Französisch-Guayana sollten verschoben werden.
Das Virus ist 1947 erstmals bei einem Affen aus dem Zikawald Ugandas in Afrika festgestellt worden. Es tauchte anschließend vereinzelt in Asien auf und dann stärker 2013 in Französisch-Polynesien. Aber erst seit 2015 gibt es einen massenhaften Ausbruch, der in Brasilien seinen Anfang nahm.
In Europa waren bisher nur vereinzelt Infektionen zur beobachten. In Österreich ist ein Fall bekannt geworden: Eine heimische Touristin soll sich bei einer Reise nach Brasilien infiziert haben. Es sei zu befürchten, dass immer wieder Reisende in den nächsten Wochen mit dem Zika-Virus zurückkehren werden, sagte der Wiener Tropenmediziner Herwig Kollaritsch. „Vier Fünftel werden es nicht einmal merken.“ Und für die Betroffenen sei es, „sofern sie nicht schwanger sind, völlig egal“, erläuterte der Experte.
~ WEB http://www.who.int/en/ ~ APA417 2016-01-28/15:14