Aargauer Kunsthaus irritiert mit vier Ausstellungen

Aarau (APA/sda) - Auf unterschiedlichen Wegen in die Irritation: So lassen sich die vier neuen Ausstellungen im Aargauer Kunsthaus im schwei...

Aarau (APA/sda) - Auf unterschiedlichen Wegen in die Irritation: So lassen sich die vier neuen Ausstellungen im Aargauer Kunsthaus im schweizerischen Aarau beschreiben. Sie widmen sich Camille Graeser, Ceal Floyer, Jos Nünlist und Katharina Anna Wieser.

„Sinfonie der Farbe“ (1946/50) heißt ein Gemälde von Camille Graeser (1892-1980). Auf schwarzem Grund reihen sich bunte Quadrate und Balkenelemente aneinander. Das Bild gehört zu den 70 „Loxodromischen Kompositionen“ oder „Schrägrelationen“, die der Zürcher Konkrete zwischen 1946 und 1955 gemalt, gezeichnet und skizziert hat. Der in Genf geborene, 1933 von Stuttgart nach Zürich emigrierte Graeser war begeistert von Johann Sebastian Bach, Paul Hindemith und vor allem von der Zwölftonmusik Arnold Schönbergs. Einer seiner Texte trug den Titel „Optische Musik“ (1949). Konkrete Kunst sei der Musik gleichzustellen, schrieb er, „denn sie schafft sinfonische Klänge für Augen, besonders für jene Augen, die auch hören“.

Das Kunsthaus in Aarau zeigt eine Auswahl dieser bunten „Loxodromischen Kompositionen“. Deren Klänge mit den Augen zu hören, ist kein einfaches Unterfangen. Es dürfte das Publikum freudig herausfordern - und irritieren. Für lustvolle Irritation sorgt auch die Schau von Ceal Floyer, weil die 1968 geborene britische Konzeptkünstlerin in ihrem multimedialen Werk Alltägliches in ein neues Licht rückt, mit Absurditäten unsere Gewohnheiten und Gewissheiten hinterfragt.

So meinten wir zu wissen, dass Bilder in der Sammlung des Kunsthauses nicht verkäuflich sind. Nun aber prangt neben Gauguins Gemälde „Les pommiers de l‘Hermitage“ (1879) ein roter Punkt. Nicht geklebt, sondern gemalt. Die Künstlerin eignet sich unverkäufliche Kunst an: Mit diesem simplen wie witzig-intelligenten Konzept ist ihr der Klau zu gönnen. Andernorts hat Floyer einen Einkaufszettel an die Wand geklebt. Auch das keine große Leistung. Die Geschichte aber, die dahinter steckt, macht den Zettel zur Kunst. Wer denn außer einer witzig-innovativen Künstlern käme auf die Idee, für 112 Franken ausschließlich weiße Dinge zu kaufen: Zahnpasta, Rasierschaum, Milch?

Stets „andere Wege“ als die Gewohnten ist der Zeichner, Maler und Lyriker Jos Nünlist (1936-2013) gegangen ist. Mit seiner präzisen und poetischen Bildsprache habe er sich gegen eine Welt erhoben, die ihm zu laut und rasant geworden sei, so das Aargauer Kunsthaus. Es zeigt Gemälde, Zeichnungen, Collagen und Druckgrafiken und - erstmals überhaupt - Nünlists Tagebücher.

Und schließlich Katharina Anna Wieser: Sie hat schon immer neue Perspektiven auf Räume eröffnet. Für das Kunsthaus hat die 1980 geborene Künstlerin eine hängende Installation entworfen, die dem Oberlichtsaal im Bereich der großen Treppe ein neues Gesicht gibt. Das Werk „Reigen“ besteht aus zwei schwarzen Objekten, einer Linie und einem Kreis, die, angetrieben von einem Kirchturmuhrwerk, ihre Runden drehen. Einen langsamen Pas de deux, der beruhigt - und irritiert.