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Akte X: Alles auf Anfang

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In den 1990er-Jahren war „Akte X“ Kult. Nun wurde die Mystery-Serie um die Agenten Mulder und Scully wiederbelebt. Der hohen Erwartungshaltung wird die Auftaktepisode nicht gerecht.

Von Joachim Leitner

Innsbruck –Die Wahrheit ist immer noch da draußen. Aber sie ist dann doch ein bisschen anders als Jahre lang vermutet. So könnte man die erste Folge der neuen, von Fans heiß ersehnten Staffel des US-Mystery-Urgesteins „Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI“ zusammenfassen. Aber keine Angst, ein sämtliche Spannung zerstörender Spoiler ist dieses Fazit nicht. Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen, weil die in 202 Folgen in neun Staffeln zwischen 1993 und 2002 sowie zwei – vergessenswerten – Kinofilmen (1998 und 2008) ziemlich auserzählte Geschichte der Agenten Mulder (David Duchovny) und Scully (Gillian Anderson) ohne neuen Dreh sowieso nicht hätte wiederbelebt werden können.

Zum anderen, weil in Folge eins keine Spannung aufkommt. Wohlige Wiedersehensfreude vielleicht, etwas Nostalgie auch, aber keine Spannung. Dafür passiert schlicht und ergreifend zu wenig in der mit „Der Kampf“ überschriebenen Episode. Und das Bisschen, das nebst zähflüssigem Erklärsprech (für all jene, die den X-Akten-Hype der späten 1990er verpasst haben) passiert, ergibt wenig Sinn. Jetzt könnte man einwenden, dass ein gewisses Maß an Irritation konstitutives Element einer Mystery-Miniserie ist. Kein Rätsel ohne Verrätselung. Aber in diesem Fall liegt die Sache anders: Es sind die geistesblitzhaft he­reinbrechenden Lösungen, die keiner ernstzunehmenden Überprüfung standhalten. Ein im Internet populärer Verschwörungstheoretiker (Joel McHale) holt den ehemaligen X-Aktenstöberer Fox Mulder vom selbstgezimmerten Abstellgleis – und führt ihn mit seiner inzwischen wieder als Ärztin praktizierenden Ex-Partnerin Dana Scully, deren Interesse am Paranormalen genauso erkaltet ist wie die lang unterdrückte Zärtlichkeit, die sie einst für Mulder empfand, zusammen. Warum er das macht? Na ja, sonst hätte es keine neue Serie gegeben. Irgendwann heuern Mulder und Scully wieder beim FBI an. Warum? Sie wissen schon. Kurzum: Was nicht passt, wird passend gemacht. Vielleicht wäre „Der Krampf“ ein treffenderer Titel für die Auftaktepisode gewesen, die sich optisch (Stichwort: Ufo in Roswell) große Mühe gibt, inhaltliche Einfalt, Logiklöcher und dramaturgischen Leerlauf zu kaschieren. Alles schlecht also? Ja und nein. Denn ein Verdienst lässt sich nicht wegargumentieren: Nach „Der Kampf“ ist die Akte-X-Uhr auf null gestellt – die ausstehenden sechs Folgen, deren Reihenfolge von Serienschöpfer Chris Carter kurz vor US-Ausstrahlungsstart Ende Jänner noch einmal geändert wurde, müssen sich um das, was immerhin neun Staffeln lang galt, nicht mehr kümmern: Die Wahrheit ist eine andere geworden. Nur Mulder und Scully sind – da­rauf verweisen sie selbst nicht ohne Stolz in Form eines etwas bemühten Running Gags – die Gleichen geblieben. Relikte, die den technischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen des zurückliegenden Jahrzehnts mit befreiendem Desinteresse begegnen. Daran ändern auch Smartphones und Edward Snowden, der gelegentlich über Bildschirme flimmert, wenig. Denn letztlich scheint es egal, ob Mulder seine Informationen über Verschwörung und Vertuschung in höchsten Regierungskreisen nun den Randspalten übelster Schundblätter entnimmt oder aus obskuren Internetforen saugt.

Hauptsache, er darf glauben, was einen die Mächtigen nicht wissen lassen. Und findet jemanden, der ihm im Dienste der Wahrheitsfindung so lange contra gibt, bis der letzte Zweifel ausgeräumt ist. Einst war Scully besagter Widerpart. Diese – erotisch aufgeladene – Konstellation, das Mit- bzw. Gegeneinander von romantischem Paranoiker und empathiebegabter Skeptikerin, machte den Reiz der alten „Akte X“-Folgen aus. Davon ist wenig übrig geblieben. Dafür ist in 23 Jahren zu viel passiert.

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