Donald Trump auf der Jagd nach dem verlorenen Wähler
Washington/New York (APA/Reuters) - Vince DiSylvester aus Missouri ist 73 Jahre alt und ist noch nie zu einer Präsidentenwahl gegangen. Dona...
Washington/New York (APA/Reuters) - Vince DiSylvester aus Missouri ist 73 Jahre alt und ist noch nie zu einer Präsidentenwahl gegangen. Donald Trump sei vielleicht der erste, der ihn an die Urne locke, sagt der Pensionist. „Er ist ein Geschäftsmann. Er kennt die Wirtschaft. Er weiß, wie man die Dinge anpackt.“ Und nicht nur das: „Er nennt die Dinge beim Namen. Wem das nicht passt, der hat eben Pech.“
Auch Ted Wade aus Nevada könnte zum ersten Mal seit 1992 wieder wählen gehen und ebenfalls für Trump stimmen. „Mir reicht das Chaos bei den Republikanern und Demokraten“, sagt der 51-Jährige. Jetzt will er sehen, ob ein „Nicht-Politiker“ es richten kann.
Der Milliardär Trump hat seine Strategie im Vorwahlkampf auf Amerikaner wie DiSylvester und Wade ausgerichtet: auf „verlorene Wähler“. Es sind die bisherigen Nicht-Wähler, die vom scheinbar endlosen Zank zwischen Demokraten und Republikanern angewidert sind. Es sind politikverdrossene Wähler, denen ihre schlechte wirtschaftliche Lage das Gefühl gibt, sie seien den großen Parteien egal. „Mein ganzer Wahlkampf ist darauf ausgerichtet, die Zahl der Menschen zu vergrößern, die an dieser Wahl teilnehmen wollen und es dann auch tun“, schrieb Trump selbst in einem Kommentar in der Zeitung „USA Today“.
Den Umfragen zufolge geht diese Strategie bisher auf. Erhebungen von Reuters/Ipsos zeigen, dass heuer einer von zehn US-Wählern erstmals seine Stimmen abgeben dürfte. Die Zahlen von Juni bis Dezember deuten darauf hin, dass mehr als 27 Prozent dieser Amerikaner sich für Trump entscheiden werden. Sein derzeit wichtigster republikanischer Rivale Ted Cruz kommt dagegen auf nur etwas mehr als 3,4 Prozent dieser Wähler, Marco Rubio, ein weiterer parteiinternen Konkurrent im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, auf etwa vier Prozent.
Trump ist nicht der erste amerikanische Politiker, der stark auf Nicht-Wähler setzt. Vor acht Jahren tat das kein Geringerer als der demokratische Amtsinhaber Barack Obama, der viele Amerikaner zum ersten Mal an die Urnen holte. Experten verweisen allerdings auf grundsätzliche Unterschiede bei der Umsetzung dieser Strategie: Obama habe zusätzlich ein Heer von Mitarbeitern aufgestellt, die von Tür zu Tür gegangen seien und die Menschen mobilisiert hätten. „Sie haben ganze Nachbarschaften abgegrast“, sagt Jan Leighley von der American University. Es sei unklar, ob Trumps Wahlkampf über die notwendige Infrastruktur verfüge, „um sicherzustellen, dass all die aufgepeitschten Leute am Wahltag auch zu den Urnen gehen“. Zudem habe Obama damals auf die Minderheiten in den USA zurückgreifen können.
Trumps Wahlkampf ist dagegen auf Unzufriedene ausgerichtet, die überwiegend zur weißen Mehrheit gehören sowie älter und weniger gebildet sind als der durchschnittliche amerikanische Wähler. Welche Folgen das für Trumps langfristige Chancen hat - diese Frage beschäftigt seit Wochen die politischen Beobachter im In- und Ausland.
Die Politikwissenschaftlerin Anna Pluta von der Rowan University sieht Anzeichen, dass Trumps Anhänger nicht nur weniger gut informiert sind, sondern auch schlicht falsch. Wer falsch informiert sei, schließe seine „Wissenslücken mithilfe seines bestehenden Glaubenssystems“, zitiert Pluta in dem Statistik-Wahlblog FiveThirtyEight Forschungsergebnisse. Solche Wähler stünden dann noch fester zu ihren Kandidaten. Und das deute darauf hin, dass Trumps Anhänger wohl tatsächlich zur Wahl gehen werden, erklärt die Politologin. „Man sollte nicht erwarten, dass Trumps Fans sich so bald von ihm abwenden.“