WHO berief Dringlichkeitssitzung wegen Zika-Virus ein

Genf/Rio de Janeiro (APA/AFP/Reuters) - Wegen des vor allem in Südamerika grassierenden Zika-Virus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO)...

Genf/Rio de Janeiro (APA/AFP/Reuters) - Wegen des vor allem in Südamerika grassierenden Zika-Virus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Dringlichkeitssitzung einberufen. Die Epidemie verbreite sich auf dem amerikanischen Kontinent „explosionsartig“, sagte WHO-Chefin Margaret Chan am Donnerstag in Genf.

Der für den amerikanischen Kontinent zuständige Regionalbeauftragte Marcos Espinal warnte, dort seien „drei bis vier Millionen Fälle“ zu erwarten. Die WHO-Chefin zeigte sich besorgt, dass eine weltweite Ausbreitung des Virus bevorstehen könnte. „Der Alarmpegel ist extrem hoch“, sagte Chan. Bei der für kommenden Montag anberaumten Sitzung soll festgestellt werden, ob es sich bei der Epidemie bereits um einen „Notstand der öffentlichen Gesundheit globalen Ausmaßes“ handelt. Auf dem amerikanischen Kontinent seien bereits 23 Länder und Territorien betroffen.

Das vor allem für Ungeborene während der Schwangerschaft gefährliche Zika-Virus grassiert derzeit vor allem in Südamerika. Inzwischen wurde es aber auch in mindestens sieben europäischen Ländern vereinzelt diagnostiziert, darunter in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. In Österreich ist ein Fall bekannt geworden: Eine heimische Touristin soll sich bei einer Reise nach Brasilien infiziert haben. Es sei zu befürchten, dass immer wieder Reisende in den nächsten Wochen mit dem Zika-Virus zurückkehren werden, sagte der Wiener Tropenmediziner Herwig Kollaritsch. „Vier Fünftel werden es nicht einmal merken.“ Und für die Betroffenen sei es, „sofern sie nicht schwanger sind, völlig egal“, erläuterte der Experte.

Das Zika-Virus führt bei etwa 20 Prozent der Infizierten zu grippeähnlichen Symptomen und ist normalerweise nicht tödlich. Schwangere können das Virus aber auf ihre ungeborenen Kinder übertragen, bei denen es zu gefährlichen Fehlbildungen bis hin zur Mikrozephalie - einem extrem kleinen Kopf - führen kann. Bisher gibt es keinen Impfstoff gegen das Virus und kein Medikament zur Behandlung Erkrankter.

„Ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis zwischen einer Zika-Infektion und Missbildungen bei der Geburt oder neurologischen Syndromen ist noch nicht bewiesen, aber stark anzunehmen“, sagte Chan. Neben der Mikrozephalie ist damit das Guillain-Barre-Syndrom gemeint, eine entzündliche Nervenkrankheit. Die Zika-Infektion werde sich überall dorthin ausbreiten, wo die Überträger-Mücke lebe, warnte Chan.

Laut der US-Seuchenschutzbehörde CDC kann das Virus durch sexuelle Kontakte womöglich auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Darauf deuteten zwei untersuchte Fälle hin. In erster Linie werde die Krankheit aber von Mücken übertragen, stellte die Behörde klar.

In Südamerika ist derzeit Brasilien am stärksten betroffen. Seit Oktober wurden in dem Land mehr als 3.700 Neugeborene mit Mikrozephalie diagnostiziert - im gesamten Jahr 2014 waren es dagegen nur 163 Fälle. Von den betroffenen Kindern starben inzwischen 49. Die WHO gab die Gesamtzahl der Zika-Erkrankungen in Brasilien mit 1,5 Millionen an.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) kündigte am Donnerstag an, angesichts des in Südamerika grassierenden Zika-Virus noch diese Woche diesbezügliche Verhaltensrichtlinien für die Sommerspiele in Rio de Janeiro zu erlassen. Die „Guidelines“ würden an die Nationalen Olympischen Komitees (NOK) gesandt, wie IOC-Präsident Thomas Bach in Athen erklärte. „Wir werden alles tun, um die Gesundheit der Athleten und Besucher zu sichern“, sagte er.

In Honduras wurden nach Erhebungen der dortigen Gesundheitsbehörden seit Anfang Dezember mehr als tausend Zika-Erkrankungen festgestellt. In Venezuela wurden 4.700 Verdachtsfälle registriert.

Klinische Test zur Entwicklung eines Zika-Impfstoffs sollen nach Angaben von US-Experten noch heuer beginnen. Bis zur Entwicklung eines wirksamen Gegenmittels würden aber „mehrere Jahre vergehen“, betonte der Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) in den USA, Anthony Fauci.