Ski alpin: Schmerzmittel als möglicherweise unterschätzte Gefahr

Garmisch-Partenkirchen (APA) - In der aktuellen Sicherheitsdebatte im alpinen Ski-Weltcup-Zirkus hat FIS-Chef-Renndirektor Markus Waldner au...

Garmisch-Partenkirchen (APA) - In der aktuellen Sicherheitsdebatte im alpinen Ski-Weltcup-Zirkus hat FIS-Chef-Renndirektor Markus Waldner auf einen bisher wohl unterschätzten Aspekt hingewiesen. Ein Mitgrund für die zahlreichen schweren Verletzungen in dieser Saison könnte die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln sein, vermutete der Südtiroler vor den Rennen in Garmisch-Partenkirchen in einem Interview mit „Ö3“.

„Es ist möglich, dass das ständige Schlucken von Schmerzmitteln ein Auslöser für Stürze ist, so wie auch mangelnde Fitness“, sagte Waldner. Derartige Medikamente könnten das Bewusstsein beeinträchtigen, zu Unkonzentriertheit führen und dadurch die Gefahr erhöhen, zuerst im Fangnetz und dann im Spital zu landen.

Auch Romed Baumann sieht den Gebrauch von Analgetika, wie die Medikamente in der Fachsprache genannt werden, äußerst skeptisch. „Ich hatte einmal eine Patellasehnenentzündung und bin ein paar Mal mit Schmerzmitteln gefahren, habe dann aber damit aufgehört, weil ich nicht frisch im Kopf war. Mir war das zu gefährlich“, erklärte der 30-Jährige.

Super-G-Weltmeister Hannes Reichelt greift rund ums Garmisch-Wochenende auf Schmerzmittel zurück - aber nur ausnahmsweise, wie der Salzburger betonte. „Ich nehme sie weniger wegen der Schmerzen, sondern vor allem wegen der Entzündungsvorbeugung nach meinem Sturz in Kitzbühel“, erzählte der 35-Jährige.

Andere Skirennläufer verwenden Schmerzmittel deutlich intensiver. Christof Innerhofer etwa gab zu, von 2012 bis 2015 kein Rennen ohne Voltaren und Co. bestritten zu haben. Grund dafür sei vor allem die Pistenpräparierung. „Die ist in den letzten zwei Jahren danebengegangen. Diese unruhigen Pisten sind für den Körper ein Wahnsinn „, kritisierte der 31-jährige Südtiroler.

Reichelt sieht auch die aktuellen Vorgaben bei den Riesentorlauf-Skiern als eine Ursache für die vielen körperlichen Beschwerden. „Ich bin vor der Entscheidung gestanden, entweder Schmerzmittel zu nehmen oder mit dem Riesentorlauf aufzuhören, und da habe ich mich dazu entschieden, den Riesentorlauf bleiben zu lassen“, meinte der Salzburger und ergänzte: „Ich schau‘ einen Riesentorlauf-Ski nur an und mir schießt‘s schon ins Kreuz. Ich will kein Testfahrer von Voltaren werden.“

In diesem Zusammenhang bemängelte Reichelt den seiner Meinung nach zu engen Weltcup-Terminplan. „Der Kalender ist einfach zu straff, es gibt zu viele Rennen.“ Ähnlicher Ansicht war FIS-Chef-Renndirektor Waldner. „Man muss den Kalender von vorne bis hinten überdenken, vor allem bei den Kitzbühel-Rennen. Es geht nicht, dass man einen Tag vor der schwersten Abfahrt der Welt einen Super-G und eine Kombination fährt. Der Freitag sollte ein Ruhetag sein“, forderte Waldner.

Der von Bandscheibenproblemen geplagte Salzburger Georg Streitberger nahm vor seinem 14. Platz im Super-G von Kitz ebenso Schmerzmittel wie vor der Abfahrt, in der er schwer zu Sturz kam und einen Kreuzband-, Innenband- und Seitenbandriss im Knie erlitt. Der Kärntner Olympiasieger Matthias Mayer hatte bei seinem folgenschweren Sturz in Gröden aufgrund einer Schuhrandprellung ebenfalls Schmerzmittel eingeworfen.

Auch US-Aushängeschild Ted Ligety hatte wegen seiner Hüftprobleme auf die regelmäßige Einnahme eines Analgetikums gesetzt, ehe er sich am Mittwoch bei einem Trainingssturz einen Kreuzbandriss zuzog. Sein großer Riesentorlauf-Kontrahent, ÖSV-Top-Star Marcel Hirscher, verzichtet hingegen auf Schmerzmittel.