Verschiedene Schattierungen von Grau: Ellie Goulding in Wien

Wien (APA) - Das Bemühen war ihr nicht abzusprechen: Knapp zwei Stunden lang setzte Ellie Goulding am Freitagabend in der Wiener Stadthalle ...

Wien (APA) - Das Bemühen war ihr nicht abzusprechen: Knapp zwei Stunden lang setzte Ellie Goulding am Freitagabend in der Wiener Stadthalle ihre Vorstellung einer zeitgemäßen Popshow um. Und prinzipiell war da alles dabei: Die 29-jährige Britin sang und schmachtete ebenso, wie sie den Dancefloor beschwor und pumpenden Elektro bot. Nur: Wirklich farbenfroh und überzeugend gelang dabei kaum etwas.

Goulding könnte man als brave kleine Schwester von Lady Gaga, Katy Perry und Co bezeichnen. Wo die durchaus exzentrischen Popdiven dieser Tage sich über Jahre hinweg ihre Nischen mit viel Sorgfalt ausstaffiert haben, schon bei den ersten Tönen oder visuellen Effekten zuordenbar scheinen, befindet sich ihre britische Kollegin immer noch auf der Suche. Vor knapp fünf Jahren erschien das Debüt „Lights“, schaffte sie es an die Spitze des BBC „Sound of...“-Ranking und erhielt bei den Brit Awards den Kritikerpreis.

Waren es zunächst ihre ausdrucksstarke Stimme und die passende Mischung aus eingängigen Passagen und leicht artifiziellen Elektrosounds, so dürfte für Goulding seitdem ein anderes Ziel erstrebenswert sein: Lupenreiner Pop muss es werden, wie das aktuelle Album „Delirium“ leider meist zu plakativ vor Augen und Ohren führt. Auch die Wien-Show wurde beinahe ausnahmslos mit Stücken der im Vorjahr erschienen Platte bestritten, von den an Dynamik recht armen Vertretern „Aftertaste“ und „Holding On For Life“ über das piepsige „Around U“ bis zu „Don‘t Need Nobody“ mit schmerzhaftem 80er-Touch.

Unterstützt von einer vierköpfigen, quasi durchwegs im Hintergrund agierenden Band, drei Sängerinnen sowie vier Tänzern, spulte Goulding ein routiniertes Set herunter. Nur selten gab es dabei jene Lichtblicke, die schon bisher ihr Potenzial deutlich machten. Ein Beispiel dafür wäre „Keep On Dancing“, das nach dem ersten Outfitwechsel in einem an den Sci-Fi-Streifen „Tron“ gemahnenden Design in die Halle geschleudert wurde, mit prägnantem Pfeifmotiv und viel Druck für Stimmung sorgte und dabei erstmals wirklich Lust auf Party machte.

Denn sonst gab es von den knapp 6.000 Besuchern zwar viel Gekreische zwischen den Stücken wahrzunehmen, Begeisterung sieht aber anders aus. Gouldings Motivation war zwar spürbar, unterlag allerdings einer recht ambivalenten Orientierungslosigkeit: Nicht wirklich Glitzerpop, aber auch nicht hemdsärmelige Entertainerin schien da zu passen. So blieb auch das mit akustischer Gitarre dargebotene „Devotion“ ein seltsam irrlichternder Höhepunkt, der ihre stimmlichen Fähigkeiten zwar unterstrich, aber zusammenhangslos im Raum schwebte.

Am Ende wurden Singles wie die Freundschaftshymne „Army“, die Calvin-Harris-Discoknaller „Outside“ und „I Need Your Love“ sowie der Filmsong „Love Me Like You Do“ von „Fifty Shades Of Grey“ zwar euphorisch begrüßt, sackten nach dem letzten Ton aber wie leblos zu Boden. Ähnlich einer Schauspielerin im falschen Film mühte sich Goulding nach Kräften, konnte aber ihre Version des Drehbuchs nicht mit dem tatsächlich Gebotenen in Einklang bringen. Insgesamt ein dröges Erlebnis, das statt knalliger Popästhetik nur verschiedene Schattierungen von Grau im Angebot hatte.

(S E R V I C E - www.elliegoulding.com)