Unterirdisch: Turrinis „Der blaue Engel“ in der Seegrotte Hinterbrühl

Hinterbrühl (APA) - Zum fünften und höchstwahrscheinlich letzten Mal lädt die „Bühne im Berg“ unter der Intendanz von Andreas Berger zu eine...

Hinterbrühl (APA) - Zum fünften und höchstwahrscheinlich letzten Mal lädt die „Bühne im Berg“ unter der Intendanz von Andreas Berger zu einer Theaterproduktion ins ungewöhnliche Ambiente der Hinterbrühler Seegrotte (Bezirk Mödling). Am Freitagabend hat „Der blaue Engel“ in einer Bearbeitung von Peter Turrini erfolgreiche Premiere gefeiert.

Turrinis behutsame Fassung, 2009 erstmals im Theater in der Josefstadt in Wien aufgeführt, wird nun von Tristan Jorde inszeniert. Er vermeidet bewusst, die Rolle der Lola als „gefallenes Mädchen“ - wie in der Sternberg‘schen Verfilmung - oder sinnlichen Vamp zu stilisieren, sondern lässt Ingrid Hocke eine nüchtern-selbstbewusste junge Frau verkörpern, die einerseits auf den Spuren der legendären Dietrich wandelt und „von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ ist, andererseits durchaus pragmatisch denkt und handelt.

Der ihr verfallene Professor Unrat ist mit Alfons Noventa bestens besetzt. Er mutiert vom stramm moralisierenden Pädagogen zum gebrochenen alten Mann, scheitert an seinen eigenen Projektionen und muss sich letztlich zum lächerlichen Clown degradieren lassen. Noventa transportiert diese Entwicklung auch körpersprachlich überzeugend.

Als Zauberkünstler kann sich Viktor Kautsch in Szene setzen, Claudia Marold als seine gleichermaßen frustrierte wie vitale Ehefrau bringt einige Emotion ein, Manfred Sarközi übernimmt gleich drei Rollen. Insgesamt ist da ein gutes Ensemble am Werk.

Ein burleskes Trio unter der Leitung von Christine Aichberger sorgt für adäquate Umsetzung der populären Musiknummern von Friedrich Hollaender. Auch diesbezüglich tendiert die Aufführung eher Richtung Brecht als Hollywood, was absolut kein Nachteil ist: Schlichtheit statt Sentiment, Brüchigkeit statt Glamour. Das tut dem Stück gut.

Klaustrophobikern, Fußmaroden und Blasenschwachen - knapp zwei Stunden ohne Pause - ist eher vom Vorstellungsbesuch abzuraten, doch wer bei plus neun Grad im unterirdischen Gewölbe des einstigen Gipsbergwerks auszuharren bereit ist, erlebt einen nicht alltäglichen Theaterabend. Schwer vorzustellen, dass Berger keine Möglichkeit für Fortsetzung suchte. Grund fürs Adieu: Die behördliche Genehmigung läuft aus. Für den Sommer wird die Uraufführung des von Nici Neiss dramatisierten Romans „Der Unfisch“ von Michael Köhlmeier angekündigt - allerdings über Tag, vor der Mödlinger Pfarrkirche St. Othmar.

(S E R V I C E - Bühne im Berg, Seegrotte Hinterbrühl: Peter Turrini, „Der blaue Engel“. Regie: Tristan Jorde. Mit Alfons Noventa, Ingrid Hocke, Matti Melchinger, Manfred Sarközi, Viktor Kautsch, Claudia Marold u.a.; Aufführungen bis 6. März, Karten bei allen Ö-Ticket-Verkaufsstellen, www.buehne-im-berg.at, www.theater-moedling.at)