Kammerspiel über Wien und das Leben: „Der Trafikant“ in Salzburg
Salzburg (APA) - Volkmar Kamm hat aus Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“ ein Kammerspiel über eine ungewöhnliche Freundschaft, Wien und...
Salzburg (APA) - Volkmar Kamm hat aus Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“ ein Kammerspiel über eine ungewöhnliche Freundschaft, Wien und das Leben gemacht. Gestern, Samstag, hatte das Stück seine Uraufführung in den Salzburger Kammerspielen. Das Publikum reagierte mit einem langen Schlussapplaus auf die Premiere.
Das Landestheater Salzburg konnte sich die Uraufführungsrechte für den vierten Roman des österreichischen Autors sichern und brachte Seethalers geradlinige Sprache mit seinen unterschiedlichen Charakteren nun also dramatisiert auf die Bühne. Es klappt gut, da Kamm auf das setzt, was Seethaler in seinen Büchern schon lange tut: Andeutungen.
Ein großes Karussell steht auf der Bühne, seine Abteile sind die einzelnen Spielstätten: die Trafik, Freuds Appartement, ein Beamtenbüro. Vom Attersee kommt der junge Franz Huchel (Hanno Waldner) in das hektische Wien von 1937, dessen Ereignisse einer Fahrt im Prater gleichen. Dort lernt er auch seine große Liebe (Nikola Rudle) kennen, ein böhmisches Lebemädchen. Gekommen ist er eigentlich um bei Otto Trsnjek (Walter Sachs) zu lernen. Lernen wird er, dank einer Begegnung mit Sigmund Freud (Axel Meinhardt), vor allem, was es bedeutet erwachsen zu werden. Eine ungewöhnliche Freundschaft wächst.
Das Erwachsenwerden vermittelt Hanno Waldner gut. Vor allem, weil er den unschuldigen Buben aus dem Salzkammergut, als welcher Franz nach Wien kommt, nie ganz verschwinden lässt. Lausbübische Züge gibt Axel Meinhardt auch seinem Professor Freud mit, der Franz gegen Zigarren die Welt der Gefühle zu erklären versucht. All diese Stränge laufen bei Walter Sachs als altklugen, gezeichneten Trafikanten zusammen, dem am Ende seine Überzeugung zum Verhängnis wird.
Abgeführt wird der Trafikant von einem SS-Mann, gespielt von Sascha Oskar Weis. Der hat an diesem Abend am meisten zu tun, denn er spielt alle Nebenrollen, vom Praterkellner bis zum Postler. Trotz des manchmal hektischen Wechsels dieser Figuren gelingt es Weis, dass jede noch so kleine Rolle ein ganz eigener Charakter wird. Britta Bayer als Franz‘ Mutter liest von all dem Treiben nur in Briefen und wird mit deren Vortrag zur indirekten Erzählerin. Nikola Rudle verdient Lob für ihren authentischen böhmischen Akzent.
Volkmar Kamms Inszenierung ist wie Robert Seethalers Sprache: schlicht und dennoch gefühlvoll. In eineinhalb Stunden wird man Zeuge, was die politischen Ereignisse des sich ankündigenden SS-Regimes mit einer sonst so fröhlichen Stadt und ihren Bewohnern machen. Dafür haben sich Volkmar Kamm, aber ganz besonders seine Schauspieler den langen Schlussapplaus verdient.
(S E R V I C E - „Der Trafikant“ nach einem Roman von Robert Seethaler am Salzburger Landestheater, Inszenierung und Bühne: Volkmar Kamm, Kostüme: Alois Dollhäubl, Dramaturgie: Svenja Gottsmann. Mit Hanno Waldner, Britta Bayer, Walter Sachers, Axel Meinhardt, Nikola Rudle und Sascha Oskar Weis. Weitere Termine: 4., 7., 8. 11., 13., 16., 17., 19., 22. und 23. Februar. www.salzburger-landestheater.at)