Haftung für Geländerbruch in Finkenberg
Nach dem Absturz von vier Mädchen des deutschen Jugendskikaders haftet nun eine Pensionsbetreiberin. Das nie kontrollierte Geländer war unfachmännisch errichtet worden.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck, Finkenberg –Wenn es bei einem Ski-Kadertraining zu Sturzverletzungen kommt, denkt man sofort an einen Pisten-Unfall. 2012 stürzten jedoch bei einer Kaderbesprechung des deutschen Skiverbandes vier Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren von der Terrasse einer Pension in Finkenberg dreieinhalb Meter in die Tiefe. Grund: Das Holzgeländer hatte der Belastung durch die sich anlehnenden Mädchen nicht standgehalten und war gebrochen.
Die vier Mädchen verletzten sich beim Aufprall, zwei der Mädchen schwer. Eines der Opfer musste in einer Spezialklinik in München sogar in künstlichen Tiefschlaf versetzt wetrden.
Die damals selbst schwer geschockte Wirtin beteuerte, dass sie keine Schuld an dem Unglück treffe. Sie betreibe keine gewerbliche Zimmervermietung, sei nicht Vertragspartei und habe den Zaun von einem bereits verstorbenen Tischler errichten lassen. Der Zaun habe die geforderte Mindesthöhe von einem Meter überschritten und sei gelegentlich auf Standfestigkeit überprüft worden. So hätte sie als Laie keinerlei Verdacht hegen müssen, dass der Geländerzaun Belastungen nicht standhalte. Zudem seien vor dem Unfall bis zu sechs Mädchen auf dem Zaun herumgeritten. Die Innsbrucker Rechtsanwaltskanzlei Riess, Köll, Schneider vertritt die Mädchen und argumentierte, dass die gegenständliche Terrasse als zur Verfügung gestellte Einrichtung der Pension sehr wohl den Verkehrssicherungspflichten aus den Unterbringungsverträgen unterliege. Zudem bemängelte Anwältin Christine Schneider, dass das Geländer nicht den Ö-Normen entspreche, mangelhaft verschraubt gewesen sei und niemals fachmännisch überprüft worden sei.
Nunmehr liegt dazu eine mittlerweile rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck (OLG) vor, die wohl auch für die restlichen – gleich gelagerten – Fälle Gültigkeit haben wird.
Demnach bekam eines der leicht verletzten Opfer 10.300 Euro zugesprochen. Anwältin Schneider zum Urteil: „Im Rahmen ihres Beherbergungsbetriebes hatte die Wirtin auch Verkehrssicherungspflichten für Kader-Gruppenmitglieder, die nicht in ihrem Haus beherbergt waren, da die Trainings-Besprechungen oft bei ihr durchgeführt worden waren. Zu diesen Pflichten gehört eben auch, dass man im Sinne der Bauordnung für ein standsicheres Geländer bei einer allgemein zugänglichen absturzgefährdeten Stelle sorgt. Dieses Geländer stellte aber laut OLG zu keinem Zeitpunkt eine standhafte Absturzsicherung dar.“ Ein Gutachten hatte für die Richter ergeben, dass das Geländer nämlich von einem Tischler und nicht von einem fachlich qualifizierten Zimmermeister, Schlossermeister oder Baumeister errichtet worden war. Solche Fachleute hätten ein so mangelhaft verschraubtes Geländer nie verbaut. Das Errichten von Brüstungen gehöre einfach nicht zum Berufsbild eines Tischlers. Zudem sei das Geländer auch später nie mehr durch entsprechende Fachleute kontrolliert worden.