Flüchtlinge

Abschiebungen mit Hercules kommen

Der neue Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (l./SPÖ) mit Generalstabschef Othmar Commenda.
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Der neue Verteidigungsminister gibt grünes Licht für Heeres-Abschiebungen von Flüchtlingen. Die Opposition kritisierte den Minister nach seinem ersten Auftritt. In der Regierung sorgte indes eine Aussage von Kanzler Faymann für Unmut.

Wien – Von Seiten des Bundesheeres gibt es „Grünes Licht“ für den Einsatz der Hercules-Maschinen für Abschiebungen, sagte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Sonntag. Darauf habe er sich dieses Wochenende mit Generalstabschef Othmar Commenda verständigt. Den Sparkurs beim Heer müsse man angesichts neuer Anforderungen überdenken, forderte er in der ORF-“Pressestunde“.

Die am Wochenende bekannt gewordenen Pläne für mehr Abschiebungen wurden von Innen- und Verteidigungsministerium gemeinsam erarbeitet, und die beabsichtigte Zahl von 50.000 bis 2019 ist „für mich ein Mindestmaß“, sagte der neue Verteidigungsminister. Die Hercules könne er nun „nächste Woche“ anbieten, kündigte er an und zeigte kein Verständnis für die „Diskussion, mit welchen Verkehrsmitteln“ Abschiebungen durchgeführt werden.

Hick-Hack um Faymann-Aussagen

Trotz eigentlich gemeinsamer Vorgangsweise hat das Thema Abschiebungen am Sonntag wieder einmal zu einem unfreundlichen öffentlichen Schriftverkehr zwischen SPÖ und ÖVP geführt. Von der Opposition kamen kritische Reaktionen auf das Vorhaben sowie auf die Aussagen von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ).

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka stieß sich an einem Zitat von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in der Sonntags-“Kronen Zeitung“. ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz solle ein Rückübernahme-Abkommen mit Marokko verhandeln, und zwar rasch, ließ Faymann via Kleinformat ausrichten. Das wollte Lopatka so nicht hinnehmen: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kümmere sich ja auch selbst um diese Angelegenheit, außerdem verhandle die EU-Kommission im Auftrag der Regierungschefs. Faymann versuche „von seiner eigenen Verantwortung abzulenken“, so der schwarze Klubchef in einer Aussendung.

Das wiederum brachte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid auf den Plan. Er warf Lopatka vor, „zwanghaft die FPÖ-Oppositionspolitik zu kopieren“ und empfahl ihm wörtlich, „endlich seinen Aufgaben nachzukommen statt jedesmal hysterisch Aussendungen zu machen, wenn jemand den Außenminister an seine Verantwortung erinnert“.

FPÖ findet Doskozil „zum Weinen“

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl fand die Pressestunde gar „zum Weinen“. Er vermisste vom Verteidigungsminister ein klares Bekenntnis zum Grenzschutz. Eine „krasse Fehlbesetzung“ sei der Minister, so das blaue Urteil. Dem Team Stronach gehen die Abschiebungen nicht schnell genug - „sagen wir jetzt ‚Stopp‘ und werfen wir die Hercules-Maschine an“, forderte Klubobmann Robert Lugar.

Kritik an der genannten Zahl von 50.000 Abschiebungen übten die Grünen. Integrationssprecherin Alev Korun sah darin „bloße Symbolpolitik, die sich in ein paar Monaten wieder als Täuschung erwiesen haben wird“. ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald dagegen lobte die Ankündigung als „richtiges und wichtiges Maßnahmenpaket“. Der „ÖVP-Aktionsplan Asyl“ werde „schrittweise umgesetzt“, freute er sich.

Schießbefehle „überhaupt kein Thema“

Mit seinem „Koalitionsspiegel“, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), pflegt Doskozil ein „freundliches, freundschaftliches Verhältnis“, versicherte der Verteidigungsminister weiter. Man sei sich einig über „Ziele und Maßnahmen“, nämlich „Rechtsstaatlichkeit und humaner Umgang“. Für beide Ressorts gehe es darum, den Handlungsspielraum für die Einsatzkräfte an der Grenze klar zu definieren, verwies der Minister auf das in Auftrag gegebene Rechtsgutachten. Man müsse die Frage stellen: „Welche Maßnahmen sind an der Grenze noch verhältnismäßig?“ Tränengas etwa nicht, meint Doskozil, und von Schießbefehlen will er überhaupt nichts hören: „Das kann kein Thema sein in dem Zusammenhang.“

Das Verteidigungsressort stelle „intensive und große personelle Ressourcen“ für die Bewältigung der Flüchtlingskrise bereit, und die zuletzt hektisch diskutierte Verlängerung des Grundwehrdienstes „für einzelne Einrückungstermine“ sei hier ein letztes Mittel. Die betroffenen Grundwehrdiener könnten etwa an der „Grünen Grenze“ gebraucht werden, wenn diese wieder überwacht werden müsste – so wie „21 Jahr lang im Burgenland“, Doskozils Heimat. Er hielt aber einmal mehr fest, dass es „keine grundsätzliche Diskussion über die Verlängerung des Grundwehrdienstes“ gebe.

Doskozil will mehr Geld für Heer

Der Flüchtlingsstrom nach und durch Österreich stelle das Bundesheer vor neue Herausforderungen, betonte er. Seit Erstellung des „Strukturpakets“, das „ganz klar die Handschrift eines Sparpakets“ trage, habe sich die „Situation komplett geändert“. Und „das wird meiner Einschätzung nach budgetäre Auswirkungen haben“, bekräftigte er seine Forderung nach mehr Geld für die Streitkräfte. „Es muss Änderungen geben.“ Zahl möchte Doskozil noch keine nennen, man werde nun die Aufgabenstellungen für und die Erwartungen an das Heer definieren und dann den Mittelbedarf feststellen.

Der Idee, Flüchtlingen die Mindestsicherung zu kürzen, steht der SPÖ-Minister nicht von vornherein ablehnend gegenüber. Man müsse das aber rechtlich genau prüfen und auch eingehend diskutieren. Gepaart mit Integrations- und Arbeitsmarktmaßnahmen könne eine solche Maßnahme aber schon den Weg zu einem restriktiverem Modell weisen. (tt.com/APA)

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