Deutsches Gastgewerbe rechnet mit größtem Umsatzplus seit 20 Jahren

Berlin (APA/Reuters) - Das deutsche Gastgewerbe hat im vorigen Jahr wohl den höchsten Umsatzanstieg seit mindestens 20 Jahren geschafft. Der...

Berlin (APA/Reuters) - Das deutsche Gastgewerbe hat im vorigen Jahr wohl den höchsten Umsatzanstieg seit mindestens 20 Jahren geschafft. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) rechnet damit, dass die Erlöse um mindestens vier Prozent geklettert sind.

„2015 war definitiv besser als erwartet - dank der stabilen Konjunktur und der guten Konsumstimmung“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges in einem am Samstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich bin zuversichtlich, dass eine Vier vorm Komma stehen wird.“ Die Branche ist auch optimistisch für 2016, sorgt sich aber um sinkende Gewinne wegen des Mindestlohns.

Dank der spendablen Verbraucher und Preiserhöhungen haben Hoteliers und Gastronomen in den ersten elf Monaten 2015 ihre nominalen Umsätze um 4,2 Prozent gesteigert. Für das Gesamtjahr hatte der Dehoga im Sommer nur ein Plus von 2,5 Prozent veranschlagt. Die offiziellen Daten werden Mitte Februar veröffentlicht. Die Branche profitierte auch vom Boom beim Deutschland-Tourismus. So stieg die Zahl der Übernachtungen 2015 um drei Prozent auf rund 436 Millionen - es war der sechste Rekord in Folge. „Beliebt sind Kurzurlaube, Städte- und Kulturreisen, ebenso Aktivurlaube, denn auch Wandern und Radfahren liegen im Trend“, sagte Hartges. Sie hoffe auch in diesem Jahr auf wachsende Gästezahlen.

Beim Umsatz soll es 2016 ebenfalls bergauf gehen. „Wenn keine weiteren Risiken eintreten, könnte das nominale Umsatzplus im Bereich von zwei bis 2,5 Prozent liegen“, sagte Hartges und sprach von einer „ersten groben Prognose“. Sie räumte aber auch ein, dass es viele internationale Krisenherde gebe und „die Eurofinanzkrise noch nicht ausgestanden ist“. Ferner hätten Terroranschläge wie in Paris gravierende Folgen für das Reiseverhalten der Verbraucher.

„Die Zahlen sind erfreulich, aber die Stimmung könnte besser sein“, sagte die Expertin zur Lage der Branche. „Der Mindestlohn sorgt für Ertragseinbußen. Vor allem aber klagen unsere Betriebe über die überbordende Bürokratie.“ Um den gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro abzufedern, hatten die Unternehmen ihre Preise im vorigen Jahr so stark erhöht wie seit 2007 nicht mehr. Dienstleistungen in deutschen Gaststätten und in Hotels verteuerten sich um 2,6 Prozent, während die allgemeine Inflation nur bei 0,3 Prozent lag. Hartges sprach von „Preisanpassungen mit Augenmaß.“

Die gute Kauflaune ist derzeit das größte Schwungrad für die Konjunktur in Deutschland. Dank der Rekordbeschäftigung, steigender Löhne und niedriger Energiepreise haben auch die Einzelhändler ihren Umsatz 2015 mit 3,1 Prozent so kräftig gesteigert wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr.