Einigkeit bei Syrien-Gesprächen nur in zwei Punkten

Genf (APA/AFP) - Bei den Genfer Friedensgesprächen zu Syrien herrscht unter Regierung und Opposition sowie ihren regionalen Unterstützern nu...

Genf (APA/AFP) - Bei den Genfer Friedensgesprächen zu Syrien herrscht unter Regierung und Opposition sowie ihren regionalen Unterstützern nur in zwei Punkten Einigkeit: der Ablehnung der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und der grundsätzlichen Befürwortung von Verhandlungen zur Beendigung des jahrelangen Bürgerkriegs.

In allen anderen Fragen dagegen gehen die Meinungen zwischen dem Westen, Russland und den Regionalmächten Saudi-Arabien, Türkei und Iran weit auseinander.

Wer zählt zu den „Terroristen“ in Syrien? Welche Rolle soll dem Machthaber Bashar al-Assad zukommen? Und was sind die Prioritäten? Seit dem Frühjahr 2011 hat sich der Konflikt von einer friedlichen Protestbewegung zu einem blutigen Bürgerkrieg entwickelt, bevor er sich durch die Intervention iranischer „Militärberater“ und der libanesischen Hisbollah-Miliz aufseiten Assads sowie der Türkei, Katars und Saudi-Arabiens aufseiten der Rebellen internationalisierte.

Im vergangenen September griff dann auch Russland mit Luftangriffen zur Unterstützung der bedrängten Regierungstruppen ein und ist heute eine bestimmende Kraft in dem Konflikt. Parallel dazu fliegt ein Bündnis westlicher und arabischer Staaten Angriffe auf die IS-Miliz und andere Jihadisten. Wer aber Jihadist ist und wer ein legitimer Gesprächspartner, darüber herrscht im Bündnis keine Einigkeit. Besonders Saudi-Arabien unterstützt auch radikale Islamistengruppen.

Die Türkei wiederum betrachtet die Kurdenmilizen, die eine zentrale Rolle im Kampf gegen den IS im Norden spielen, als „Terroristen“. Eine Beteiligung der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) an den Friedensgesprächen lehnt Ankara ab, da es sich aus seiner Sicht um den syrischen Ableger der verbotenen türkischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handelt, gegen die die Armee seit dem Sommer eine blutige Offensive führt.

Die USA schließlich unterstützen seit Jahren die moderaten Rebellen, doch ist diese Unterstützung halbherzig geblieben. Die einst mächtige Freie Syrische Armee ist heute kaum noch präsent und ein US-Programm zur Ausbildung gemäßigter Kämpfer in der Türkei endete im Fiasko. Im September 2013 verzichtete Washington auf Luftangriffe gegen die Regierungstruppen, obwohl diese in der Region Ost-Ghuta bei Damaskus massiv Chemiewaffen einsetzten.

Auch wenn der Westen Assad weiterhin als Hauptverantwortlichen in dem Konflikt betrachtet, hat sein Rücktritt nicht länger Priorität. Die Europäer wollen inzwischen vor allem den Flüchtlingsandrang stoppen, der zunehmend zu einer politischen und sozialen Herausforderung wird - mit oder ohne Assad. Zudem sehen sie sich - allen voran Frankreich - durch in Syrien radikalisierte und trainierte Islamisten bedroht, die Anschläge in Europa planen.

Assads Rücktritt hat auch deshalb keine Priorität, weil weiterhin unklar ist, wer ihn ersetzen soll. Der in zahllose Gruppen zersplitterten Opposition ist es auch fast fünf Jahre nach Beginn des Konflikts nicht gelungen, eine repräsentative und durchsetzungsstarke Dachorganisation aufzubauen. Wie es gelingen soll, die tief verfeindeten Konfliktparteien in Syrien zur Bildung einer stabilen Übergangsregierung zu bewegen, ist völlig offen.

Zudem ist klar, das der Iran und Russland nicht gewillt sein werden, ihren Verbündeten Assad fallen zu lassen, solange ihre Interessen in Syrien nicht gewahrt bleiben. Für Teheran ist Assad der wichtigste Verbündete in der Region und sein Verbleib an der Macht die Bedingung, um die Hisbollah im Libanon mit Waffen versorgen zu können. Für Russland wäre der Verlust Assads ein politischer Rückschlag, nachdem sich Moskau so massiv militärisch für ihn engagiert hat.