Spirituelle Sounds: Haelos schaffen aus „Zerstörung etwas Neues“

Wien (APA) - Eine höhere Macht scheint gleich in mehrfacher Hinsicht bei Haelos am Werk zu sein. „Es war, als ob uns etwas zusammengebracht ...

Wien (APA) - Eine höhere Macht scheint gleich in mehrfacher Hinsicht bei Haelos am Werk zu sein. „Es war, als ob uns etwas zusammengebracht hat, was größer ist als wir selbst“, sinniert Sänger Arthur Delaney über die Entstehung des britischen Trios. Dazu passt der Sound: Das am 18. März erscheinende Debüt „Full Circle“ zeigt sich atmosphärisch dicht in bester Trip-Hop-Manier.

„Wir haben uns einfach aufeinander zu bewegt, ohne dass es uns bewusst war.“ Neben Delaney besteht die Gruppe aus Dom Goldsmith und Lotti Benardout. Alle drei waren sie in unterschiedlichen Konstellationen bereits musikalisch tätig, aber erst der Zufall hat sie zusammengeführt und schließlich Haelos hervorgebracht. „Der erste Song, den wir gemeinsam gemacht haben, war ‚Dust‘. Und schon da spürten wir sofort diese Magie“, erinnert sich Delaney im APA-Gespräch. „Die Chemie zwischen uns hat einfach gepasst.“

Also hat das Trio anderweitige Verpflichtungen ad acta gelegt und sich vor knapp eineinhalb Jahren ganz dem gemeinsamen Projekt verschrieben. Der gurgelnde Beat und die vereinzelten Klavierakkorde von „Dust“ schwebten dann recht bald durch die Weiten des Internet und sorgten für Furore. Kaum etwas wusste man über dieses ominöse Trio, von dem es nur ein verschwommenes Bild gab. Ein Umstand, der neuen Musikacts mittlerweile mehr zum Vorteil denn Nachteil gereicht - eine Spur Mysterium tut jedem Hype gut. Zum Glück für Haelos stimmte aber auch das sukzessive nachgelegte Songmaterial.

„Wir haben glücklicherweise eine ziemlich strikte Arbeitsmoral“, lacht Delaney über die intensive Zeit, als man an jenem Material arbeitete, das sich nun auf dem Debüt findet. „Wir haben versucht, wirklich jeden Tag um 9 Uhr im Studio zu sein. Das war für uns einfach die beste Art, um Dinge auch effizient umzusetzen. Es lief ziemlich methodisch ab. Und das Songwriting selbst war ein fließender Übergang zwischen schreiben und produzieren. Das passiert bei uns fast immer zur gleichen Zeit.“ Am Beginn stehe meist ein einfacher Groove, ein bestimmter Schlagzeugbeat, über den die drei Musiker dann Schicht für Schicht auftragen.

Die durch die Bank im Midtempo gehaltenen Songs entwickeln dabei rasch eine Sogwirkung, wobei sich nur zaghaft ihre ganze Schönheit zwischen organischen und sterilen Sounds entfaltet. Im Fokus stehen aber ohnedies die Stimmen: Alle drei zeichnen dafür verantwortlich, dass sich Melodie und Text die Hand reichen. „Ich habe eher eine tiefe, sehr maskuline Stimme, während Lotti den weiblichen Part übernimmt. Und Dom sagt immer, dass er wie ein Geist zwischen uns steht“, sinniert Delaney. „Er nimmt diesen Zwischenraum ein und verbindet uns dadurch. Um unsere Themen, all diese Emotionen rüberzubringen, brauchen wir diese unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten.“

Das Endergebnis hat ihnen Vergleiche mit den Größen des Genres eingebracht, von Massive Attack bis zu Portishead. Natürlich ein Kompliment, wie Delaney betont. Aber: „Wir wollten gleichzeitig etwas Neues schaffen. Da ansetzen, wo sie aufgehört haben, und eine zeitgemäße Entsprechung für unser Vorhaben finden. Wir sind keine Kopie, keine Nachahmer, sondern wollen eine neue Ära repräsentieren.“ Mit Songs wie dem einnehmenden „Earth Not Above“ oder „Pray“ gelingt das ziemlich eindrucksvoll. Einflüsse der 90er-Jahre sind zwar deutlich spürbar, aber trotzdem verstehen es Haelos, ihre eigene Stimme zu finden und damit eine Nische zu besetzen.

Inhaltlich hat man sich einem nur schwer fassbaren Thema verschrieben. „Es gibt ja Dinge, die mehr sind, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Es gibt Räume jenseits von allem“, versucht sich Delaney an einer Erklärung. „Als Menschen sind wir ziemlich limitiert, was die Wahrnehmung von Sachen um uns herum betrifft. Ich dachte ja immer, dass die Realität ziemlich solide ist. Diese Annahme hat sich in den vergangenen Monaten aber sehr gewandelt. Vielleicht gibt es mehr, als wir sehen. Um darauf Zugriff zu haben, kann man unterschiedliche Möglichkeiten nutzen. Für einige Menschen ist das die Religion, für andere wiederum die Musik.“

Ein Ansatz, der durch ein Sample des britischen Religionsphilosophen Alan Watts zu Beginn der Platte (er spricht über das „Spectrum of Love“) ebenso eingefangen wird wie durch den Bandnamen. „Sieht man die Erde vom All aus, so hat sie diese Aura, wie einen Schimmer. Und wir suchten einen Namen, der Dinge verbindet - etwa das Religiöse mit dem Wissenschaftlichen. Es sollte nicht nur auf eine Bedeutungsebene reduziert sein. Es ging uns um die Ränder, um etwas, das man nur sieht, wenn man einen Schritt zurückmacht.“ Dabei kann keineswegs von einem reinen Feel-Good-Programm gesprochen werden, auch dunkle Aspekte und Abhängigkeiten hatten Einfluss auf die Songs. „Als ob man aus Zerstörung etwas Neues kreiert“, meint Delaney. So fabrizierten Haelos ein gleichermaßen forderndes wie lohnendes Album.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - http://haelos.com)