Ski: Stenmark-Interview - „Mein Rekord ist mir nicht mehr so wichtig“

Stockholm (APA/dpa) - Der Name Ingemar Stenmark steht für Rekorde und Zurückhaltung. Niemand hat so viele Siege im alpinen Ski-Weltcup gefei...

Stockholm (APA/dpa) - Der Name Ingemar Stenmark steht für Rekorde und Zurückhaltung. Niemand hat so viele Siege im alpinen Ski-Weltcup gefeiert wie der Schwede, der vor 27 Jahren sein letztes Rennen bestritten hatte und am Freitag (18. März) seinen 60. Geburtstag feiert. Im dpa-Interview spricht der Gewinner von 86 Weltcup-Rennen u.a. über sein aktuelles Leben, seine Rekorde, Lindsey Vonn und Marcel Hirscher.

Frage: Am Freitag werden Sie 60 Jahre alt. Wie feiert der größte Skirennfahrer der Geschichte so ein Jubiläum?

Stenmark: „Ich feiere meine Geburtstage alle nicht so richtig. Den 60. habe ich bereits gefeiert, als meine Frau zu Jahresbeginn 50 wurde. Da hatten wir eine kombinierte Party.“

Frage: Womit verbringen Sie heute Ihre Zeit, was machen Sie?

Stenmark: „Nichts Besonderes. Ich arbeite nicht und mache viel mit meiner acht Jahre alten Tochter. Sie nimmt mich ganz schön in Beschlag.“

Frage: Sie haben sich weitgehend zurückgezogen, auch bei Skirennen sieht man Sie kaum. Das City-Event in Stockholm aber haben Sie vor kurzem besucht. Hat es Ihnen gefallen?

Stenmark: „Das hat Spaß gemacht und ist eine tolle Sache - aber es sollte nicht Teil des Weltcups sein. Als Show ist es gut. Das ist aber kein richtiger Slalom, der Start ist zu wichtig. Auch beim Parallel-Riesentorlauf haben schwere Skifahrer einen großen Vorteil.“

Frage: Wie genau verfolgen Sie denn den Weltcup?

Stenmark: „Es ist immer noch sehr interessant. Die Fahrer heute sind wirklich gut.“

Frage: Hatten Sie nie die Nase voll vom Weltcup-Zirkus?

Stenmark: „Als ich aufgehört habe, da war ich müde und hatte keine Lust mehr auf den Weltcup. Ich bin in den Alpen auch zehn Jahre lang nicht mehr Ski gefahren. Heutzutage kann ich es aber wieder genießen. Ich schaue es immer im Fernsehen an.“

Frage: An den Strecken sieht man Sie aber fast nie.

Stenmark: „Ja, das stimmt. Viele Jahre konnte ich nicht so oft dabei sein. Aber ich hoffe, das ändert sich in nächster Zeit.“

Frage: Was war der Grund?

Stenmark: „Das hatte familiäre Gründe. Ich war einmal in Kitzbühel und in Aare.“

Frage: Wenn Sie Skirennen anschauen, wer macht Ihnen da die meiste Freude?

Stenmark: „(Henrik) Kristoffersen hat die beste Slalom-Technik. Seine Bewegungen sind eine Augenweide.“

Frage: In Stockholm haben Sie und Lindsey Vonn sich das erste Mal getroffen. Was halten Sie von ihr?

Stenmark: „Sie ist ein sehr netter Mensch und eine fantastische Skifahrerin. Sie hat eine tolle Technik.“

Frage: Worüber haben sich die beiden größten Skirennfahrer der Geschichte unterhalten?

Stenmark: „Wir haben darüber gesprochen, ob sie schwedische Vorfahren hat. Sie kommt aus Minnesota, da sind viele Schweden hin ausgewandert. Aber sie meinte, sie hat norwegische Vorfahren.“

Frage: Glauben Sie, Vonn wird Ihren Sieg-Rekord im Weltcup knacken?

Stenmark: „Ja, wenn sie sich nicht nochmals verletzt. Ich hoffe, sie kommt wieder zurück.“

Frage: Wie wird es sich anfühlen, wenn dieser Rekord nicht mehr mit Ihrem Namen verbunden ist?

Stenmark: „Ach, das ist nicht so schlimm. Ich habe vor mehr als 25 Jahren aufgehört mit dem Skifahren. Mein Rekord ist mir inzwischen nicht mehr so wichtig. Und wenn sie ihn holt, dann hat sie das auch verdient.“

Frage: Vonn sagt immer, Rekorde sind das, was bleibt. Deswegen fährt sie weiter. Da unterscheiden Sie sich also.

Stenmark: „Ich habe früher auch so gedacht. Als Aktiver habe ich immer versucht, Rekorde aufzustellen oder zu brechen. Aber seit dem Karriereende ist mir das nicht mehr so wichtig. Es ist aber gut, wenn man solche Ziele hat.“

Frage: Glauben Sie denn, Ihre anderen Rekorde werden eines Tages auch eingestellt?

Stenmark: „Da bin ich mir sicher. Es ist allerdings schwierig, das miteinander zu vergleichen, da sich die Regeln ändern und es inzwischen auch mehr Disziplinen gibt. Slaloms sind länger als früher.“

Frage: Was sagen Sie dazu, dass Marcel Hirscher die große Kristallkugel zum fünften Mal nacheinander gewonnen hat?

Stenmark: „Damit habe ich gerechnet. Ich denke auch, dass er jemand ist, der meine 86 Weltcup-Siege überbieten kann. Er ist ja erst 27. Er hat noch zehn Jahre an der Spitze, wenn er die Motivation hat.“

Frage: Wem trauen Sie eher zu, Ihre Rekorde in Slalom und Riesentorlauf zu brechen? Kristoffersen oder Hirscher?

Stenmark: „Ich denke, Hirscher hat die größeren Chancen. Kristoffersen müsste zehn Kilo schwerer sein. Wenn die Piste sehr unruhig ist, dann ist es als Leichtgewicht noch schwieriger.“

Frage: Man hat zu Ihrer Zeit die Regeln geändert und teilweise nur drei Rennen pro Disziplin zum Gesamt-Weltcup gezählt. Warum waren Speed-Rennen dennoch nie eine ernsthafte Option für Sie?

Stenmark: „Als ich noch sehr jung war, habe ich das probiert, aber ich war zu leicht. Mich haben sogar schwere Frauen geschlagen. Einmal in Kitzbühel, da habe ich es probiert. Aber nur einmal. Das war ziemlich beängstigend. Kein gutes Gefühl. Ich habe es für die Punkte in der Kombination gemacht.“

Frage: Damals kannte Sie in Schweden jeder von jung bis alt. Wie sieht heute es mit den jungen Leuten aus? Wissen die auf der Straße, wem Sie begegnen?

Stenmark: „Ja, die erkennen mich. Das liegt aber wohl daran, dass ich letztes Jahr bei Dancing Stars mitgemacht habe.“

Frage: Wie haben Sie sich bei der TV-Show geschlagen?

Stenmark: „Ich habe gewonnen.“