Pressestimmen zu den Landtagswahlen in Deutschland 2
Berlin (APA/dpa/AFP) - Deutsche und internationale Tageszeitungen schreiben am Montag über die Landtagswahlen in den deutschen Bundesländern...
Berlin (APA/dpa/AFP) - Deutsche und internationale Tageszeitungen schreiben am Montag über die Landtagswahlen in den deutschen Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt:
„Süddeutsche Zeitung“ (München):
„Dieser Dreiwahlen-Sonntag wird in die bundesdeutsche Geschichte eingehen; er war und ist nämlich ein Blick in die Zukunft der deutschen Demokratie. Er zeigt, wie sich das Zerbrechen der alten Parteienlandschaft fortsetzt; und er lenkt den Blick auf die Gefahren, die der Demokratie drohen; sie tragen das Kürzel AfD; der Osten bräunelt. Der Dreiwahlen-Sonntag zeigt aber auch, wie man den Gefahren begegnet: mit entschlossener Gelassenheit, wie sie das Kennzeichen Winfried Kretschmanns ist.“
„Frankfurter Rundschau“ (Berlin):
„Das politische Farbenspiel verblasst vor dem alles überschattenden Ergebnis: Der völkisch-nationale und rassistische Populismus hat endgültig die parlamentarische Bühne erobert. Dahinter steckt mehr, als die Tortengrafiken zeigen. Mindestens zwei Aspekte sollten nicht vergessen werden, wenn in den kommenden Wochen Koalitionsverhandlungen abgespult werden, als wäre nichts gewesen. Erstens: In unserer Gesellschaft gibt es ein Potenzial an Unzufriedenheit und Wut, das sich zum einen in Fremdenhass verwandelt und zum anderen in resignierte Wahlenthaltung. Und zweitens: Im bisherigen Parteiensystem hat offensichtlich niemand auf diese Abkehr vom System eine demokratische und freiheitliche Antwort gefunden. Die Politik, wie wir sie kennen, hat die Frustrierten der anti-demokratischen „Alternative“ überlassen, weil sie selbst keine Alternativen zu bieten hatte.“
„Berliner Morgenpost“:
„Selten waren Landtagswahlen so spannend - und selten haben sie das alte Parteiengefüge derart durcheinandergewirbelt. Die Botschaft des Wählers ist eine harte Nuss für die Vorsitzenden der großen Parteien. Ganz offensichtlich hat das Chaos um die Flüchtlinge die Volksparteien gewaltig unter Druck gesetzt. Und dabei hat es die Kanzlerin ganz besonders erwischt. Angela Merkel ist die Verliererin dieser Wahlen. Dass es die sogenannte Alternative für Deutschland jetzt in alle drei Parlamente geschafft hat, mag man zu Recht beklagen. Der Untergang des Abendlandes wird daraus sicher nicht folgen. Die Wähler werden genau beobachten, wie die AfD mit ihrer gewonnenen Legitimation jetzt umgeht. Denn die Partei muss nun in den Parlamenten beweisen, wie man sich auch in der Opposition an der Lösung von Problemen beteiligt.“
„Die Welt“ (Berlin):
„Die Flüchtlingskrise hat die Parteienlandschaft umgepflügt. Mit der AfD gehört eine Partei zu den Siegern, die vor allem davon profitiert, dass sie als laute Opposition zur Regierungspolitik wahrgenommen werden konnte. Egal wie ungeeignet Guido Wolf als Kandidat der CDU in Baden-Württemberg war, egal wie wenig hilfreich die außenpolitischen Pläne der Julia Klöckner waren: Angela Merkel wird es mit der Union künftig noch schwerer haben. Die Partei zahlt einen hohen Preis für eine umstrittene Flüchtlingspolitik, in der die Kanzlerin unerschrocken (wie die einen sagen) und starrköpfig (die anderen) ihren Kurs verteidigt. Das Wohl des Kontinents im Blick, auch das des Landes, aber am wenigsten das der Partei. Nicht jeder wird ihr das verzeihen. Merkel braucht dringend Erfolge.“
„Ouest-France“ (Rennes):
„Seit 1945 erschien es unmöglich, dass es politischen Raum rechts der CDU gibt. Von jetzt an ist dieser Raum von der Alternative für Deutschland besetzt. Der vor gerade einmal drei Jahren gegründeten AfD ist in drei wichtigen Bundesländern mehr als ein Durchbruch gelungen. Sie hat inzwischen Abgeordnete in der Hälfte der Landtage und hat sich als wahrscheinlich dauerhafter Akteur im politischen Leben Deutschlands etabliert. (...) Die Magie von (Bundeskanzlerin Angela) Merkel ist vermutlich zu Ende. Verschlungen vom Flüchtlingsansturm, einem von den Pariser Anschlägen verstärkten Klima der Angst und den finsteren Ereignissen von Köln. Auf eine gewisse Weise reagiert Deutschland wie die anderen: Die Flüchtlingskrise gibt den populistischen Parteien überall Rückenwind.“
„Guardian“ (London):
„Die flüchtlingsfeindliche Partei Alternative für Deutschland (AfD) hat mit ihren dramatischen Zugewinnen bei den Wahlen Deutschlands politische Landschaft erschüttert und ist getragen vom zunehmenden Ärger über Angela Merkels Asylpolitik in drei Regionen erstmals in die Parlamente eingezogen. Aber ein Zeichen der zunehmend polarisierten Debatte in Deutschland ist, dass flüchtlingsfreundliche Kandidaten auch zwei dröhnende Siege in den Wahlen eingefahren haben - den ersten, seit Kanzlerin Merkel an Bord ihres Flaggschiffs, einer Politik der offenen Tür in der Flüchtlingskrise, gegangen ist.“
„Rossijskaja Gaseta“ (Moskau):
„Die Deutschen haben über Ehrlichkeit oder Prinzipienlosigkeit in der Politik abgestimmt, über das Recht auf nationale Identität, darüber, dass Deutschland ein „ehrlicher Makler“ in Europa ist und nicht am „Rockzipfel der USA“ hängt, wie es manche Kritiker behaupten. Langfristig betrachtet haben die Deutschen in Rheinland-Pfalz, Banden-Württemberg und Sachsen-Anhalt nicht zwischen der AfD und den anderen Strömungen gewählt. Sie hatten die Wahl zwischen Politikern, die in Bezug auf die Migranten mit gesundem Menschenverstand auftreten, und solchen, die aus humanistischen Idealen bereit sind, ihr eigenes Land zu zerstören und die eigene Bevölkerung zu Bedienungspersonal für Millionen Migranten zu machen.“
„Times“ (London):
„Dieser Sieg ist ein niederschmetternder Schlag gegen Frau Merkel, die vor dem Krisengipfel in Brüssel diese Woche auch Probleme hat, ihre Pläne für die Aufteilung von Asylsuchenden über die Europäische Union anderen skeptischen Regierungen zu verkaufen. Die Ergebnisse der Landtagswahlen erhöhen den Druck auf sie, die Zahl der nach Deutschland kommenden Migranten zu senken. Es ist auch das erste Mal, dass eine rechtsgerichtete Partei im modernen Deutschland breite Unterstützung gefunden hat.“