Heta: Schelling bedauert Nein zum Angebot, schließt aber neues aus
Nun ist es offiziell: Das Rückkaufangebot an die Heta-Gläubiger ist gescheitert. Der Bund sei jetzt einmal aus dem Spiel, betont Finanzminister Schelling.
Wien, Klagenfurt – Nach der am späten Montagvormittag offiziell gewordenen Ablehnung des Abschlagsangebotes für den Rückkauf von landesbehafteten Heta-Anleihen, hat sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zu Wort gemeldet. „Der Bund ist jetzt aus dem Spiel. Die FMA ist am Zug“, sagte Schelling auf einer Pressekonferenz in Wien.
Auch Schelling ie Ablehnung des Abschlagsangebots für landesbehaftete Heta-Anleihen vor Journalisten am Montag mehrmals sehr bedauert hat - selbst wollte er sich in der Causa nichts vorwerfen. Viel mehr habe er „alles getan, um die Causa Heta zu beenden“. Da das vorerst nicht gelang, seien nun wohl bald Gerichte am Zug. Denn neues Angebot gibt es keines.
Kärnten haftet für Heta-Anleihen von fast 11 Mrd. Euro. Beim Abschlagsangebot wären rund 7,8 Mrd. Euro, davon 1,2 Mrd. Euro vom südlichsten Bundesland selbst, allerdings ausgeliehen vom Bund, geflossen. Den Rest hätte die Heta-Abwicklung bringen sollen. Die Gläubiger hätten also auf rund 3 Mrd. Euro verzichten sollen. Nun stehen die Zeichen auf Gerichtsverfahren. Die Gläubiger sagen, Kärnten könnte mehr als die 1,2 Mrd. Euro beitragen. Kärnten sieht sich außerstande mehr zu leisten und will wenn es gerichtlich hart auf hart kommt auch die Gültigkeit seiner Haftungen prüfen lassen.
Jetzt kommt der dramatisch niedrigere FMA-Schuldenschnitt
Der Bund sei jetzt einmal aus dem Spiel, für Kärnten die Finanzierung des Haushaltes über die Bundesfinanzierungsagentur sichergestellt, so Schelling. Gescheitert seien die Gläubiger, die das Angebot nicht angenommen hätten. Auf dortiger Seite seien „Justamentstandpunkte eingenommen“ und mehr gefordert worden als 100 Prozent, kritisierte der Finanzminister.
Bald kommt der Schuldenschnitt der FMA bei der Heta, der früheren Hypo Alpe Adria. Dieser werde „dramatisch niedriger“ ausfallen, als der Schnitt beim Abschlagsangebot, bekräftigte der Finanzminister seine bisherige Einschätzung. Damit untermauerte er auch sein Unverständnis gegenüber der Nicht-Annahme des Angebotes, die er auch in der Annahmesperre relevanter Gläubigergruppen verursacht sieht. Hierbei müssten wohl Organverantwortlichkeiten hinterfragt werden, glaubt der Finanzminister. Schließlich seien Aufsichtsräten mit der Annahmesperre Entscheidungsbefugnisse genommen worden.
Kärntens Landeshaftungen laut Schelling gültig
Nach dem Schuldenschnitt der FMA ist mit zahlreichen Gläubigerklagen zu rechnen, denn dann sollen nur die aus dem Erlös durch die Abwicklung der Heta errechneten Summen fließen. Aus dieser „Recovery“ will Schelling „den Gläubigern alle Erlöse zur Verfügung stellen“. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen würden aber sehr lange dauern. Schelling schätzte bis zu zehn Jahre. Der Vorteil aus Sicht Schellings bei Gerichtsverfahren: „Am Schluss gibt es Rechtssicherheit.“
Kärnten will auch die Gültigkeit seiner Landeshaftungen prüfen lassen. „Wir gehen davon aus, dass sie gelten“, sagte Schelling. Wenn Kärtnen das anders sehe, sei es seine Angelegenheit und die Gerichtsverfahren seien abzuwarten. Hierzulande hafte der Bund im Gegensatz zu Deutschland jedenfalls nicht für Länder, sagte Schelling weiters Richtung Gläubiger. Er hinterfragte auch, ob bei den schwindelerregend hohen Kärntner Landeshaftungen nicht womöglich „ein Denkprozess“ bei den Anleihegläubigern hätte ausgelöst werden müssen.
Länderinsolvenz derzeit keine Thema
Der Bund sei in seiner Unterstützung Kärntens so weit gegangen, wie es möglich war. „Als Republik haben wir alle Möglichkeiten ausgenutzt, um Kärnten bei der Rückkaufaktivität zu unterstützen.“ Auch Kärnten sei an die Grenze des Machbaren gegangen, „wenn man die Schulden über die Heta-Problematik hinaus bedenkt“.
Über ein Länderinsolvenzrecht will Schelling vorerst nicht diskutieren. Das stünde wenn überhaupt erst dann an, wenn die Landeshaftungen mehrerer Bundesländer im kommenden Jahr abreifen. Vor allem auf Kärnten bezogen betonte Schelling, hierbei Zeit zu haben - denn die Gerichtsverfahren würden ja so lange dauern.
Schelling hatte auch einen Seitenhieb für den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) übrig. Der habe zwar betont, weiter verhandeln zu wollen. Gemeint habe Kaiser damit allerdings Verhandlungen mit dem Bund, so Schelling.
Denn mit der Nicht-Annahme des Angebotes sei die Finanzierungszusage für die 1,2 Mrd. Euro als Kredit der Bundesfinanzierungsagentur an Kärnten ausgelaufen. Gewisse Landtagsbeschlüsse dürften durch die Ablehnung ihre Gültigkeit verloren haben, deutete Schelling an. Die Finanzierung Kärntens sei aber gesichert, betonte er.
Dass zuletzt Kritik von seinen Parteikollegen aus Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol kam, kommentierte Schelling damit, dass diese sich zuerst an Kärnten richten müssten. „Kärnten ist der Bondholder und wickelt ab.“ Er habe noch mit dem Zerobond Unterstützung geboten. „Diese Lösung ist jetzt einmal gescheitert. Der Bund hat alle Möglichkeiten ausgeschöpft“, so Schelling mit Verweis auf etwaige EU-Beihilfeverfahren, wäre man weiter gegangen.
Kärntner Regierung sieht Zukunftsfähigkeit des Landes gesichert
Die Kärntner Regierungskoalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen sieht die Zukunftsfähigkeit des Landes gesichert. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) betonte nach einer Sondersitzung der Regierung, das Land sei nicht insolvent, „es gibt keine unmittelbare Gefahr für Kärnten“. Das Nein der Gläubiger sei aber sehr bedauerlich.
„Wir haben ein Rechtsfriedensangebot gemacht, das leider nicht angenommen worden ist“, meinte Kaiser im Spiegelsaal der Landesregierung. Nun gelte es, die nächsten Schritte der Finanzmarktaufsicht abzuwarten, die wohl einen Schuldenschnitt vornehmen und Begleitbedingungen festlegen werde. Das Land werde aber weiterhin von der Bundesfinanzierungsagentur finanziert, die Handlungsfähigkeit bleibe voll aufrecht, so Kaiser.
Es sei in letzter Zeit viel von Moral die Rede gewesen, von Gewinnern und Verlierern, sagte der Landeshauptmann: „Aus meiner Sicht sind jene Gläubiger die Verlierer, die das Angebot angenommen haben, aber durch die Haltung verschiedener Gruppen auf die 75 Prozent plus Bargeldvorteil verzichten müssen.“ Wie viele Gläubiger Ja gesagt haben, verriet Kaiser auf Nachfrage nicht, man nenne keine Detailergebnisse. Auch Finanzreferentin Gabriele Schaunig (SPÖ) bedauerte die Ablehnung, sie bedankte sich bei jenen Gläubigern, die das Angebot angenommen hatten. Die Situation des Landes habe sich durch die Causa Hypo jedenfalls nicht verbessert, so Kaiser. Man versuche trotzdem, das Ganze zu einem guten Ende zu bringen. Für die zu erwartenden rechtlichen Auseinandersetzungen sei man jedenfalls gerüstet.
ÖVP-Landesrat Christian Benger meinte zum Nein der Gläubiger: „Schade, es wäre zu schön gewesen.“ Für die Zukunft müsse man nun rasch die nötigen Reformen angehen und die Schulden des Landes abbauen. Landesrat Rolf Holub (Grüne) meinte, es sei schon ein wenig zynisch, dass jemand wie er, der zehn Jahre lang ein korruptes System bekämpft habe, nun „drei Mal mehr auslöffeln muss“. Man müsse nun auch herausfinden, wo die Milliarden hingegangen seien und wer sich von den Gläubigern auch jetzt nicht deklariert habe. Aber, so meinte er, es gebe auch Hoffnung: „Wir sind die Guten, und in einem Rechtsstaat werden auch einmal die Guten gewinnen.“
Opposition übt Kritik
Die Oppositionsparteien in der Kärntner Landesregierung, Team Stronach und FPÖ, haben am Montag nach der Regierungssitzung Kritik an der Regierungskoalition geübt. Team-Stronach-Landesrat Gerhard Köfer sprach nach der Sitzung von „Realitätsverweigerung“, Landesrat Christian Ragger (FPÖ) warnte vor einem zu hoch ausfallenden Schuldenschnitt.
Köfer kritisierte in einer Pressekonferenz, dass es nach wie vor keinen Plan B in Sachen Heta gebe. „Was wir hier erleben, ist eine romantische Realitätsverweigerung durch die Koalition. Man will die Sache aussitzen und abwarten“, sagte Köfer. Er forderte, dass sich die Kärntner Landesregierung auf die Gläubiger zubewegen solle: „Man sollte einmal die Bereitschaft erkennen lassen, dass man von Kärntner Seite auch eine Lösung will.“ Auch von Reformen sei nichts zu bemerken: „Ganz ohne Hypo und ohne Heta steigt der Kärntner Schuldenberg täglich um 314.000 Euro an.“ Köfer möchte nun in Zukunft „noch stärker Reformen einfordern“, es dürfe keine Tabus geben.
Eine „klare Linie vom Bund“ forderte Ragger vor Journalisten: „Einmal will man Kärnten in Insolvenz gehen lassen, dann heißt es, dass man Kärnten nicht im Stich lassen werde, dann wieder, dass Kärnten am Zug sei.“ Ein Schuldenschnitt, der zu hoch ausfalle, wäre katastrophal für Kärnten: „Die Gläubiger werden sich nach dem Schnitt an den Ausfallsbürgen wenden. Je höher der Schnitt ausfällt, desto größer ist auch der Schaden für Kärnten.“ Jahrelange Rechtsstreitigkeiten würden Kärnten enorm schaden, Ragger sieht vor allem starke Einbußen in Sachen Reputation auf Land und Bund zukommen. „Wir sollten den Gläubigern auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam einen Plan festlegen, wie man mit der Sache umgeht“, schlug Ragger vor. (tt.com, APA)
Wie es jetzt mit Kärnten weiter gehen dürfte
Nachdem das Angebot Kärntens zum geschnittenen Rückkauf landesbehafteter Anleihen der früheren Skandalbank Hypo Alpe Adria, nun Heta, gescheitert ist und kein neues Angebot kommen soll, dürfte die Causa lange Jahre manifest bleiben - wenn es nicht doch noch zu einer Einigung mit den Gläubigern kommt.
Als nächstes ist mit dem Schuldenschnitt der FMA zu rechnen. Dieser erfolgt, bevor das Heta-Moratorium per Ende Mai ausläuft. Zuletzt war damit zu rechnen, dass der behördliche Schnitt - der heftig ausfallen dürfte - nach Ostern erfolgt.
Umgehend ist dann mit Klagen gegen das Land Kärnten zu rechnen. In denen werden die Gläubiger die gesamte aushaftende Summe einklagen - rund 11 Mrd. Euro ohne Gerichtskosten und Verzugszinsen. Das will Kärnten dann genau so bestreiten, wie die Gültigkeit seiner Landeshaftungen an sich.
Die 11 Mrd. Euro hat Kärnten nicht. Der Bund wiederum bleibt hart und betont, er haftet nicht für Bundesländer. Es wird mit jahrelangen Rechtsstreitigkeiten über den gesamten Instanzenweg bis hin zum Europäischen Gerichtshof gerechnet. So lange nichts rechtskräftig ist, dürfte Kärnten aber nicht pleitegehen.
Über Jahre aber blieben die Sorgen über den Ausgang der Verfahren - keine schöne Perspektive für ein Land. Würde in etwa zehn Jahren, wie Finanzminister Hans Jörg Schelling schätzt, ein rechtskräftiges Urteil kommen - und Kärnten nicht recht bekommen - könnte man bis dahin ein Länderinsolvenzrecht haben, sagte der Politiker am Montag.
Die Gläubiger könnten zivilgerichtlich theoretisch bis zu einer Verjährungsgrenze von 30 Jahren alles pfänden, was sich zu Geld machen lässt, meint beispielsweise der deutsche Anwalt Hendrik Haag. „Argentinien ist dafür ein Beispiel“, so der Bank- und Kapitalmarktrechtsexperte laut Reuters. Er sagt, Kärnten wäre auf unbegrenzte Zeit im Ausnahmezustand. Alles stünde unter Pfändungsvorbehalt - das bedeute ein Druckmittel für die Gläubiger.