Macht Trump alles klar? Schicksalstag für Republikaner
Können die Republikaner Donald Trump als ihren Präsidentschaftskandidaten noch verhindern? Die Antwort darauf fällt womöglich schon heute in den Bundesstaaten Florida und Ohio.
Von Floo Weißmann
Washington –Im Vorwahlkampf der US-Republikaner liegen die Nerven blank. Spät, aber umso heftiger wächst in der Partei der Widerstand gegen den Führenden Donald Trump. Der Parteiapparat und seine Geldgeber, linientreue Konservative und Evangelikale, die so genannten Moderaten und andere wollen den obersten Polterer und Spalter der Nation als Präsidentschaftskandidaten verhindern. Ist das überhaupt noch möglich? Heute wählen fünf größere Bundesstaaten; sie ent- scheiden, wie es weitergeht.
In der öffentlichen Debatte dominierte zuletzt der Streit über gewalttätige Zwischenfälle bei Trump-Auftritten. Der Rechtspopulist goss am Wochenende Öl ins Feuer, als er anbot, die Gerichtskosten für einen Anhänger zu übernehmen, der einen Demonstranten verprügelt hatte. Doch im Hintergrund üben sich die Strategen im Rechnen.
Es geht um die Delegierten für den Nominierungsparteitag Mitte Juli in Cleveland. Wenn Trump in den Vorwahlen mehr als die Hälfte der Delegierten gewinnt, steht er als Kandidat fest. Schafft er das nicht, kann der Parteitag theoretisch auch jemand anderen küren. Bisher hat Trump knapp 44 Prozent der Delegierten abgeholt. Er muss also in den verbleibenden Vorwahlen stark zulegen, um auf die Mehrheit zu kommen.
Bisher haben alle Bundesstaaten ihre Delegierten proportional zum Wahlergebnis vergeben. Doch heute gilt in Florida und in Ohio erstmals das „Winner takes all“-Prinzip. Gewinnt Trump beide Vorwahlen, erhält er den Schub, den er braucht, um seine Chancen zu wahren. Verliert er einen oder sogar beide Staaten, hat er nach Ansicht von Experten kaum noch eine realistische Chance auf die Mehrheit der Delegierten.
Der heutige Tag kann zugleich die vergleichsweise gemäßigten Bewerber Marco Rubio und John Kasich aus dem Rennen werfen. Rubio vertritt Florida im Senat, Kasich amtiert als Gouverneur von Ohio. Die beiden liegen bisher weit zurück. Eine Niederlage im Heimatstaat wäre wohl das endgültige Aus. Das Rennen würde dann zu einem Zweikampf zwischen dem Rechtspopulisten Trump und dem Ultrakonservativen Ted Cruz, den viele Republikaner ebenso verabscheuen.
In Umfragen genoss Trump zuletzt eine klare Führung in Florida. In Ohio jedoch mobilisierte Gouverneur Kasich den gesamten lokalen Parteiapparat und lieferte Trump ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Daneben wählen heute mit Illinois, North Carolina und Missouri drei weitere nicht gerade kleine Bundesstaaten. In Umfragen hatte Trump zuletzt überall die Nase vorne. Doch die drei Bundesstaaten vergeben ihre Delegierten proportional. Das bedeutet für Trump, dass er selbst mit Siegen voraussichtlich weniger als die Hälfte der Delegierten erhält und eher noch hinter sein Soll zurückfällt.
Auch bei den Demokraten wird heute gewählt. Doch im Vergleich zur öffentlichen Selbstzerfleischung der Republikaner machte der Zweikampf zwischen Ex-Außenministerin Hillary Clinton und Senator Bernie Sanders bisher weniger Schlagzeilen. Dabei verläuft das Duell spannender als erwartet.
Wie Trump geißelt auch Sanders die Freihandelspolitik. Beide umwerben damit die weiße Arbeiterschicht, die sich als Verlierer der Globalisierung sieht, und etablieren sich als Anti-Establishment-Bewerber. Clinton, die das unter ihrem Ehemann Bill geschlossene Nafta-Abkommen unterstützt, sah sich zuletzt zu einer Kurskorrekur gezwungen. Solche Verträge würden „auf dem Papier toll aussehen“, ihre Resultate aber nicht immer „den Anforderungen entsprechen“.
Bisher ist Sanders’ Strategie in überwiegend weißen Bundesstaaten im Nordosten und Mittelwesten aufgegangen, die wirtschaftliche Umwälzungen erlebt haben. In Michigan gelang Sanders sogar ein Überraschungssieg nach Rückstand in den Umfragen. Und es gibt weitere ähnlich strukturierte Bundesstaaten.
Der neue Star der Parteilinken mag die Begeisterung auf seiner Seite haben, doch die Mathematik spricht gegen ihn. Er liegt nach gewählten Delegierten zurück – und verliert dramatisch bei den Superdelegierten (siehe Grafik), soweit sie sich bereits erklärt haben. Um doch noch Präsidentschaftskandidat zu werden, müsste Sanders in den verbleibenden Vorwahlen fast durchwegs Erdrutschsiege einfahren. Die meisten Experten halten das nur für theoretisch möglich – falls etwa die sprichwörtliche Leiche in Clintons Keller auftaucht.