Rechtspopulisten profitieren europaweit von Flüchtlingskrise

Berlin (APA/AFP/dpa) - Bei den Landtagswahlen am Sonntag in den drei deutschen Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-...

Berlin (APA/AFP/dpa) - Bei den Landtagswahlen am Sonntag in den drei deutschen Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ist die rechtspopulistische AfD auf Anhieb mit zweistelligen Ergebnissen in die Landtage eingezogen. In ganz Europa gibt die Flüchtlingskrise rechtspopulistischen und offen rechtsextremen Parteien Auftrieb. Ein Überblick:

PARTEIEN AN DER MACHT:

UNGARN: Der ungarische Ministerpräsident Victor Orban gehört zu den schärfsten Gegnern der Flüchtlingspolitik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er geriert sich als Verteidiger des „christlichen“ Europa gegen muslimische Einwanderer. Der Chef der nationalistischen Fidesz-Partei ließ im vergangenen Jahr die Grenze zu Serbien mit einem Zaun abriegeln und wirft der Kanzlerin „moralischen Imperialismus“ vor, weil sie eine Verteilung der Flüchtlinge verlangt. Über die Beteiligung seines Landes an der Umverteilung lässt er jetzt das Volk abstimmen.

POLEN: In Polen ist die nationalkonservative Partei PiS Ende 2015 an die Macht zurückgekehrt. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski warnt vor einer angeblichen Seuchengefahr und „Parasiten“, die durch Flüchtlinge eingeschleppt würden.

BEREITS LÄNGER AKTIVE PARTEIEN:

FRANKREICH: Die Front National (FN) feiert einen Wahlerfolg nach dem anderen, seitdem Marine Le Pen 2011 die Führung von ihrem Vater Jean-Marie übernahm und dessen antisemitische Rhetorik aus dem Parteidiskurs verbannte. Die Flüchtlingsbewegung nennt sie „Invasion“. Bei der Präsidentschaftswahl in gut einem Jahr würde sie nach derzeitigen Umfragen sicher in die zweite Runde kommen.

ÖSTERREICH: Die FPÖ würde Umfragen zufolge in Österreich derzeit deutlich über 30 Prozent und damit auf den ersten Platz kommen.

NIEDERLANDE: Die Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders hat durch die Flüchtlingskrise Auftrieb bekommen. Sie verfügt derzeit über 16 Abgeordnetenmandate. Würde schon jetzt gewählt, würden es Umfragen zufolge 36. Die nächste Wahl ist im kommenden Jahr.

SCHWEDEN: Die rechtsextremen Schweden-Demokraten (SD) spielten bis zur Regierungsbeteiligung im Jahr 2014 kaum eine Rolle. Nun haben sie Ambitionen, stärkste Partei zu werden. Schweden hat nach Deutschland im vergangenen Jahr die meisten Flüchtlinge aufgenommen.

DÄNEMARK: Die rechte Dänische Volkspartei ist nach der Wahl im vergangenen Juni zweitstärkste Kraft im Parlament. Die DF, die einen kompletten Asylstopp fordert, erreichte 21,1 Prozent Stimmenanteil. Auch Sozialdemokraten und Liberale stehen hinter einer restriktiven Flüchtlingspolitik. Die Populisten geben aber den Ton an und treiben die anderen Parteien immer stärker in ihre Richtung. Seit dem Sommer verschärft das Land seine Asylregeln drastisch.

ITALIEN: Die ursprünglich vor allem separatistische Lega Nord fährt unter ihrem Chef Matteo Salvini einen klar ausländerfeindlichen und EU-kritischen Kurs nach dem Vorbild der französischen Front National. In Umfragen befindet sich die rechtspopulistische Lega im Aufwind. Angesichts des Machtvakuums im italienischen Mitte-Rechts-Lager nach dem Ende der Ära Berlusconi hofft die Lega zur stärksten Kraft des Lagers aufzusteigen.

SCHWEIZ: Der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) hat die Flüchtlingskrise genutzt. Bei der Parlamentswahl am 18. Oktober behauptete sich die SVP mit Forderungen nach einer Verschärfung des Asylrechts und größerer Distanz zur EU klar als stärkste Partei. Allerdings musste die SVP bei der Volksabstimmung über eine Verschärfung des Ausländerrechts vor zwei Wochen eine Niederlage einstecken. 58,9 Prozent der Stimmbürger lehnten die Initiative der SVP zur verbindlichen Abschiebung straffälliger Ausländer ab.

GRIECHENLAND: Die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte scheint nicht von der Flüchtlingskrise zu profitieren - dabei ist Griechenland das mit Abstand am stärksten betroffene Land. Laut Umfragen könnte sie derzeit auf maximal sechs Prozent kommen.

NEUE PARTEIEN

DEUTSCHLAND: Die 2013 aus Widerstand gegen die Euro-Rettung gestartete Alternative für Deutschland (AfD) erzielte am Sonntag im Bundesland Sachsen-Anhalt 24,2 Prozent und wurde zweitstärkste Kraft. In Baden-Württemberg holte die Partei 15,1 Prozent, in Rheinland-Pfalz 12,6 Prozent. Dass führende AfD-Politiker einem Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge befürworteten, schadete der Parteipopularität nicht.

SLOWAKEI: Regierungschef Roberto Fico versucht zwar alles, um Flüchtlinge aus dem Land zu halten. Dessen ungeachtet sind die Neonazis von Unsere Slowakei (LSNS) Anfang März mit 14 Abgeordneten ins Parlament eingezogen. Die Partei gibt es seit 2012, zu ihren Feindbildern gehören neben Flüchtlingen Roma, die NATO und die EU.