Selbstbestimmt wohnen statt Drehtür-Psychiatrie
In der Residenz Harterhof gibt es elf Einzelwohnungen für ein Leben mit sozialpsychiatrischer Begleitung. Größere Einheiten lehnt das Land ab.
Von Marco Witting
Innsbruck – Das Ziel ist klar: den Alltag wieder zu meistern. Frau B. hat das vor Augen. Und ist gerade deshalb froh, dass es in der Residenz Harterhof die Tagesstruktur, den vorgegebenen Ablauf gibt. Menschen mit psychiatrischen Diagnosen und Unterstützungsbedarf wohnen hier so selbstbestimmt wie möglich und sind „in der Gemeinschaft stark“, wie es die Bewohnerin ausdrückt. Seit einem halben Jahr gibt es die elf Wohnungen (zehn Einheiten und ein Notzimmer) mittlerweile. Das Konzept soll beispielgebend für andere Einrichtungen sein. Dass es im Westen Innsbrucks nicht mehr Zimmer geworden sind, scheiterte.
„Wir hätten Platz für 16 Betten, doch das Land Tirol will keine größeren Einheiten“, sagt Hartmann Hinterhuber, Präsident von pro mente tirol, die das Haus um rund 1,9 Millionen Euro errichtet hat. „Dabei wäre der Bedarf in Tirol sehr, sehr groß“, sagt Hinterhuber, der schätzt, dass es wohl zehn derartige Einrichtungen brauchen würde.
Von Psychosen bis zu Angstzuständen: Die Ursachen, warum Menschen hier unterkommen, sind vielfältig. In der neuen Residenz „können sie so lange bleiben wie nötig und möglich“, sagt Leiter Matthias Franz. Die Residenz war sofort voll. Viele kommen aus therapeutischen Wohngemeinschaften, wo es aber eine begrenzte Aufenthaltsdauer gibt. Das Konzept sei auch auf andere Patientengruppen übertragbar, sagt Hinterhuber, der anführt, dass durch ein derartiges Konzept ständig wiederkehrende Klinikaufenthalte reduziert werden könnten. „Die ‚Drehtür-Psychiatrie‘, also dass jemand aus einem ungünstigen Umfeld in die Psychiatrie kommt und immer wieder dorthin entlassen wird und wesentlich teurer ist, könnte damit vermieden werden“, sagt der pro-mente-Präsident. Das könnte das Gesundheitssystem massiv entlasten und die Patienten könnten mit professioneller Hilfe an der Genesung arbeiten.
Auch die Bewohner müssen in der Einrichtung einen Beitrag zahlen – und in der gemeinschaftlichen Arbeit auch etwas leisten. „Unsere Zusammenarbeit macht uns stark“, sagt Frau B. Sechs Mitarbeiter kümmern sich um die Bewohner in der Residenz. Was mit den fünf noch freien Einheiten gemacht wird, das will man sich bei pro mente übrigens noch genau anschauen.