Bürgerkrieg

Russland hat mit Militärabzug aus Syrien begonnen

Russlands Präsident Wladimir Putin.
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Vor fünf Jahren brach in Syrien der Bürgerkrieg aus. In Genf bemüht sich UN-Vermittler de Mistura, die Kriegsparteien zu einer Verhandlungslösung zu bringen. In diese Situation platzt Kremlchef Putin mit einem Teilabzug von Soldaten aus Syrien.

Moskau – Russland hat am Dienstag nach Angaben des Verteidigungsministeriums mit dem am Vortag angekündigten Abzug seines Militärs aus Syrien begonnen. „Techniker auf dem syrischen Luftwaffenstützpunkt haben die Vorbereitung von Langstreckenflügen zu Stützpunkten in der Russischen Föderation gestartet“, teilte das Ministerium in Moskau mit. Ausrüstung und Material würden in die Flugzeuge geladen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Montag überraschend angekündigt, dass er sechs Monate nach dem Start des russischen Militärengagements in Syrien den Einsatz stoppe. Das Militär habe seine Aufgabe, „Terroristen“ zu bekämpfen, weitgehend erfüllt, sagte er zur Begründung.

Der UN-Sicherheitsrat begrüßte den Schritt. Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte, dies „erhöht den Druck auf das Regime von Präsident Bashar al-Assad, in Genf endlich ernsthaft über einen friedlichen politischen Übergang zu verhandeln“.

US-Präsident Barack Obama begrüßte in einem Telefonat mit Putin den Rückgang der Gewalt in Syrien seit Beginn der Waffenruhe, hieß es in der Mitteilung des Weißen Hauses. Er habe jedoch auch deutlich gemacht, dass syrische Regimetruppen die Vereinbarung immer wieder unterliefen. Putin sprach sich nach Kreml-Angaben für eine enge Zusammenarbeit beider Länder bei der Beilegung des Syrienkonflikts aus. Obama betonte, dass ein politischer Wandlungsprozess notwendig sei, um die Gewalt zu beenden. Beide unterstrichen die Wichtigkeit von humanitären Hilfslieferungen zur Versorgung der Bedürftigen in Syrien.

Die russischen Luftangriffe in Syrien werden nicht automatisch beendet, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow klarstellte. Details und Zeitrahmen des Teilabzuges werden nach seinen Worten vom Verteidigungsministerium festgelegt. Putin habe seine Entscheidung mit Syriens Machthaber Bashar al-Assad abgestimmt. Exakte Zahlen zur russischen Militärpräsenz in Syrien hält der Kreml geheim.

Oppositionsvertreter skeptisch

Vertreter der syrischen Opposition reagierten zurückhaltend. Sie halten sich derzeit in Genf auf, wo am Montag die Syrien-Friedensgespräche fortgesetzt wurden. An diesem Dienstag jährt sich der Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs zum fünften Mal.

„Wir müssen abwarten, wie umfassend der Abzug und was der zeitliche Rahmen ist“, sagte Monzer Machus, Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) der Opposition, am Montag in Genf. „Russische Bodentruppen sind nicht entscheidend, weil es die nicht wirklich in Syrien gibt.“ Die Lage in Syrien würde sich aber von Grund auf ändern, wenn Russland seine Luftangriffe stoppen würde.

Oppositionssprecher Salem al-Meslet kommentierte die russische Entscheidung: „Niemand weiß, was Putin im Kopf hat. Aber die Sache ist die, dass er von vornherein kein Recht hat, in unserem Land zu sein. Geh einfach.“

Putin: Durchbruch im Kampf gegen Terror gelungen

Putin meinte der Agentur Interfax zufolge, Russland sei es mit seinem Einsatz in dem Bürgerkriegsland gelungen, einen Durchbruch im Kampf gegen den Terror zu erzielen. Nun wolle Moskau eine noch größere Rolle im Friedensprozess einnehmen.

Nach Angaben des Kremls richten sich die russischen Luftangriffe nur gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), die Al-Nusra-Front und andere Terrorgruppen. Der Westen wirft aber Moskau vor, auch gemäßigte Rebellen ins Visier zu nehmen.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sprach von einer erfolgreichen Mission in Syrien. Die russische Armee habe in Syrien allein etwa 2.000 Kämpfer getötet, die aus Russland zum Kampf in das Bürgerkriegsland gekommen seien. Darunter seien 17 wichtige Befehlshaber von Terrororganisationen gewesen, sagte der Verteidigungsminister. Der Kreml hatte den Militäreinsatz an der Seite von Assad unter anderem damit begründet, die Rückkehr extremistischer Kämpfer aus Syrien nach Russland zu verhindern.

Der russische Militärexperte Jewgeni Mintschenko bezeichnete den Teilabzug als klugen strategischen Schritt des Kremls. „Putin hat sein wichtigstes Ziel (in Syrien) erreicht und will sich nicht in einen langwierigen bewaffneten Konflikt ziehen lassen. Außerdem gibt es weiter genug Möglichkeiten für die russische Armee - etwa Raketenschläge vom Kaspischen Meer aus“, sagte Mintschenko. (APA/Reuters)