Flüchtlinge - Grazer Info-Abend für Bewohner sorgte für Emotionen

Graz (APA) - Für viel Gesprächsstoff, teils laute Wortspenden und ein emotionales Plädoyer für mehr Dankbarkeit hat die erste Informationsve...

Graz (APA) - Für viel Gesprächsstoff, teils laute Wortspenden und ein emotionales Plädoyer für mehr Dankbarkeit hat die erste Informationsveranstaltung der Stadt Graz zum Thema „Flucht, Asyl und Unterbringung“ gesorgt. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) kündigte ein Verteil-Quartier für Flüchtlinge nahe dem Brauhaus Puntigam an, die Kirchner Kaserne dagegen komme nicht mehr für Flüchtlinge infrage.

Knapp 300 Bewohner vor allem der Bezirke Innere Stadt, Jakomini, Liebenau und Puntigam waren in eine Halle am Messegelände gekommen - und sie brachten viele Fragen und Anliegen mit. Für Informationen in Form von Zahlen, die etwa der steirische Flüchtlingsbeauftragte Kurt Kalcher im Gepäck hatte, hatten einige der Gäste im Publikum wenig Geduld. Sie forderten nach kaum 30 Minuten, ihre Anliegen vorbringen zu dürfen.

Doch davor wollte Nagl die Strategie der Stadt zum Thema Flüchtlinge vorstellen: In der steirischen Landeshauptstadt soll es keine Großquartiere für Asylwerber geben. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen maximal zu 50 Personen untergebracht werden, Familien zu maximal 100 je Unterkunft. Nagls Vorstellung sind maximal rund 3.000 Asylwerber in Graz, was etwa ein Prozent der Bevölkerung ausmache. Derzeit sind in Graz knapp 2.700 Asylwerber untergebracht, 33 Prozent von ihnen sind Frauen, der Großteil kommt aus Afghanistan, Syrien und dem Irak.

Wichtiger als alle Zahlen schien dem Publikum aber die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Mehrere Pädagoginnen etwa fragten, wie in der Stadt ein besserer Umgang zwischen Kindern aus fremden Kulturen und Lehrerinnen stattfinden kann, wenn es von den Kleinen heißt: „Mit dir brauche ich überhaupt nicht reden, du bist eine Frau“, so eine Pädagogin aus dem Publikum. Eine andere wiederum will die gleichen Probleme schon in den 80er-Jahren erkannt haben, doch seit damals habe die Politik das Problem nicht gelöst. Doch auch jene, die sich aktiv für Betreuung und Integration von Flüchtlingen einsetzen, meldeten sich zu Wort und fragten nach Unterstützung seitens der Stadt.

Nagl berichtete auf die Frage eines Anrainers aus Puntigam, dass östlich hinter der Brauerei in der Herrgottwiesgasse neben dem Standort des Grünen Kreuzes das Verteilzentrum des Bundes errichtet wird. Maximal 150 Flüchtlinge sollen dort untergebracht werden, bis sie anderen Quartieren zugeteilt werden. Die Kirchner Kaserne dagegen sei kein Thema mehr für den Bund, was auch ein anwesender Vertreter des Innenministeriums bestätigte. Derzeit würde dort aber Material aus dem früheren Quartier am Schwarzlsee eingelagert.

Während die Politiker und Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter versuchten, den Fragen mit Fakten zu begegnen, formierte sich während des letzten Drittels der Veranstaltung in den hinteren Reihen ein offenbar geplanter Protest. Die „Identitäre Bewegung“ rollte ein etwa 20 Meter langes Banner aus und präsentierte es den Kameras. Dazu riefen sie Richtung Podium „Schleicht‘s euch“. Sofort sprangen unter anderem die Grünen Gemeinderätin Astrid Polz-Watzenig, Jakomini-Bezirksvorsteher Gerald Kuhn sowie Vertreter der Sozialistischen Jugend auf und versuchten, das Banner mit ihren Körpern und später auch Jacken zu verdecken.

Nach mehr als zwei Stunden hätte es noch genug Fragen für weitere Stunden gegeben. Bürgermeister Nagl schloss aber mit einer emotionalen Antwort auf eine letzte Frage aus dem Publikum und plädierte für mehr Dankbarkeit dafür, dass „es uns in Graz so gut geht“. Er könne verstehen, wenn etwa Menschen aus Afrika, die von der westlichen Gesellschaft seit Jahrhunderten ausbeutet würden, nach Europa kommen wollen. Im Anschluss blieben die Gastgeber und stellten sich weiteren Fragen der Grazer.