Hintergrund

Heta: „Lei loss‘n“ in Kärnten nicht wirklich eine Option

Mit Ende 2015 seien zu Österreichs ohnehin reichlich vorhandenen Schulden wegen der Pleitebank weitere 20,9 Milliarden hinzugekommen.
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Lange Gerichtsstreitigkeiten nach gescheitertem Heta-Rückkaufangebot könnten ordentlich aufs Gemüt schlagen. Grüne fordern Länder-Insolvenzrecht

Wien, Klagenfurt – Kärnten wird zwar als lebenslustiges Land gesehen. Es hat in seinen vielen traditionellen Kärntnerliedern aber auch genügend äußerst melancholische Elemente. Die sind oft gar nicht so unpassend für die Vorgänge rund um die frühere Skandalbank Hypo Alpe Adria, vor allem nach der Ablehnung des Abschlagsangebots zum Rückkauf landesbehafteter Anleihen durch internationale Gläubiger.

Nun haben die maßgeblichen Politiker zwar alle betont, dass wegen des gescheiterten Heta-Rückkaufangebots vorerst nichts passiert. Und die Kärntner sehen sich auch für die drohenden langen Rechtsstreitigkeiten gerüstet - die Causa könnte aber trotzdem noch lange auf die kärntnerischen und österreichischen Gemüter schlagen.

Kommt der Schuldenschnitt sind Klagen fix

Schließlich könnte am ende der langwierigen Gerichtsverhandlungen erst recht wieder eine Insolvenz stehen - wenn auch dann in vielen Jahren mit einem vielleicht vorhandenen Länder-Insolvenzrecht, sollte ein solches tatsächlich irgendwann umgesetzt werden.

Kommt der FMA-Schuldenschnitt - und einigt man sich nicht doch noch wundersam außergerichtlich - sind die Klagen im Gefolge jedenfalls fix. Laufend mit so einem Thema in den Medien vertreten zu sein und dafür Ressourcen aufzuwenden, kann kein Ziel aller Beteiligten sein - schon gar nicht nach den vielen bereits ins Land gezogenen Jahren mit schlechter Hypo- und Landes-Presse für Klagenfurt und Wien. Nicht nur nebenbei schäumen einige Politiker in anderen Landeshauptstädten, dass der Bund nicht einspringt.

„Braindrain“ macht dem Land zu schaffen

Zu den vorhandenen strukturellen Problemen in Kärnten, die in der Zeit der viel gescholtenen „Brot&Spiele“-Politik des früheren Landeshauptmannes Jörg Haider alles andere als gelöst worden sind, gesellen sich also noch ärgere finanzielle Probleme „dank“ der Landeshaftungen für ein aggressives Wachstum der einstigen Hypo Alpe Adria. Ob die neuen Politiker am Wörthersee es schaffen, die Haftungen vor Gericht glaubhaft in Zweifel zu ziehen, bleibt abzuwarten.

Kärnten ist neben den Herausforderungen nach dem HCB-Skandal vor allem auch das einzige Bundesland, dessen Bevölkerung schrumpft. Noch mehr sogenannter „Braindrain“ ist aber kaum leichter verkraftbar, als die anderen Herausforderungen, die Klagenfurt zu bewältigen hat - damit die Melancholie der Kärntnerlieder, auf die die Leute im Land nicht zu Unrecht stolz sind, nicht tatsächlich überhand in der Gesellschaft nimmt. „Lei loss‘n“ geht in dem Fall sicher nicht.

Niederösterreich fordert Rückkehr zu Verhandlungen

Das Scheitern des Heta-Angebots an die Gläubiger besorgt auch die anderen Bundesländer. Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) appellierte Dienstagmittag „dringend an den Verhandlungstisch zurückzukehren“. Oberösterreichs Landeschef Josef Pühringer befürchtet einen unendlich langen Gerichtsstreit.

Wie der Landeshauptmann am Rande der Verhandlungen zum Finanzausgleich betonte, sei er „traurig“, dass das Angebot des Finanzministers von den Gläubigern nicht angenommen worden sei. Wenn es keine weiteren Verhandlungen gebe, sei ein Gerichtsstreit unausweichlich, so Pühringer. Wenig überrascht zeigte sich Sobotka, dass die Gläubiger auf den Deal nicht eingegangen seien. Er habe eine Annahme des Angebots nicht erwartet.

Wenig Begeisterung über Länderinsolvenzrecht bei Ländern

Wenig Begeisterung zeigten die Länder für Überlegungen zu einem Insolvenzrecht für ihren Bereich. Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) meinte, sie könne sich gar nicht vorstellen, dass ein Bundesland in Insolvenz gehe. Pühringer betonte, er mache sich darüber keine Gedanken, da Oberösterreich mit solch einem Szenario nichts zu tun habe. Wenn man glaube, solch ein Notszenario zu brauchen, müsse das für den gesamten öffentlichen Bereich gelten. Immerhin sei der Bund x-mal mehr verschuldet als die Länder.

Für eine Art „Bundestreue“ sprach sich Sobotka aus. Dies würde bedeuten, dass die anderen Länder und der Bund quasi gemeinsam für ein ins Straucheln geratenes Bundesland haften.

Grüne für Länderinsolvenzrecht

Im Gegensatz dazu haben die Grünen am Dienstag erneut ein eigenes Insolvenzrecht für Länder eingefordert. Er werde Justizminister Wolfgang Brandstetter und Finanzminister Hans-Jörg Schelling (beide ÖVP) dazu einladen, im Parlament den Fraktionsführern des Justiz-und des Finanzausschusses Rede und Antwort zu stehen, warum „schon wieder alles verschleppt werden“ soll, sagte der Grüne Finanzsprecher Werner Kogler am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Es müsse begründet werden, wenn kein Insolvenzrecht für Länder geschaffen werde, sagte er. Sollte die Antwort nicht befriedigend sein, werden die Grünen erneut - wie schon 2009 - einen Antrag auf die Schaffung eines Insolvenzrechtes einbringen, so Kogler. Gleichzeitig betonte er, dass die Insolvenz Kärntens „natürlich kein Ziel“ sei, es müsse aber Klarheit herrschen. (APA)

Stimmen zur aktuellen Situation

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP): Die Steuerzahler haben mit den bisher 5,5 Mrd. Euro schon weit mehr mit der früheren Skandalbank Hypo Alpe Adria verloren als es die Gläubiger mit einer Annahme des aktuell abgelehnten Abschlagsangebotes hätten.

Allianz-Österreich-Chef Wolfram Littich

: Das Rückkauf-Angebot an die Heta-Gläubiger habe man aus Sorgfaltspflichten nicht angenommen. Für den Finanzplatz Österreich sei das insgesamt nicht sehr erquicklich.

NEOS-Europasprecher Rainer Hable:

Die Regierung habe in der Causa lediglich „Beschwichtigungstabletten“ ausgeteilt und Scheinlösungen angeboten.

Arbeiterkammerpräsident Günther Goach:

Es werde wohl noch lange dauern, bis sich Kärnten wieder am Kapitalmarkt finanzieren könne

IV-Präsident Christoph Kulterer:

Die Industriellenvereinigung bedauere das Nein der Gläubiger, es sei aber kein Weltuntergang.

Norbert Abel, Mark Kletter,

Anwälte des Landes Kärnten: Niemals werde in diesem Kärntner Landtag ein Insolvenzverwalter Einzug halten, ebenso wenig wie in der Landesregierung. Entscheidungen treffen die gewählten Mandatare und die Regierung.“

Die vom Verfassungsjuristen Heinz Mayer geäußerten Ansicht, wonach eine Milliarde des Landesbudgets jährlich für die Gläubiger abgeschöpft werden könnten, sei grotesk, ebenso wie die Vorstellung, dass die Regierung aus einem Containerdorf regiere.

(tt.com)