Ministerrat beschloss etwas abgespeckte StPO-Novelle
Wien (APA) - Ein striktes Verbot von Lockspitzeln, Kontenregister-Einsicht für die StA, mehr Opferrechte und etwas weniger Beschuldigtenrech...
Wien (APA) - Ein striktes Verbot von Lockspitzeln, Kontenregister-Einsicht für die StA, mehr Opferrechte und etwas weniger Beschuldigtenrechte als geplant bringt die StPO-Novelle, die am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde. Weitgehende Beratungsmöglichkeiten Beschuldigter mit ihrem Anwalt wurden nach schweren Bedenken von Richtern, Staatsanwälten und des Innenministeriums aus dem Entwurf gestrichen.
Vorgelegt hat die Novelle der Strafprozessordnung Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Für ihn steht der Opferschutz im Vordergrund. Österreich sei zwar schon „europaweit Vorzeigemodell“. Aber es gilt, eine EU-Richtlinie umzusetzen. Also werden „Opfer in einer ohnehin schon extrem belastenden Situation noch besser geschützt“. So werden Minderjährige und Opfer von Sexualdelikten bzw. von Gewalt in Wohnungen - ab 1. Juni 2016 - immer als besonders schutzbedürftig gelten. Das heißt, sie können eine Vertrauensperson beiziehen, schonende Einvernahme oder Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen. Opfer von Straftaten im Ausland sollen - unter bestimmten Voraussetzungen - auch im Heimatland Anzeige erstatten können.
Ebenfalls in Umsetzung einer EU-Richtlinie werden (ab 1. November 2016) die Beschuldigtenrechte ausgebaut. Ursprünglich war vorgesehen, dass sich Beschuldigte sowohl im Ermittlungsverfahren vor der Polizei als auch im Prozess vor jeder einzelnen Frage mit ihrem Anwalt besprechen dürfen. Dies wurde „aufgrund der ernst zunehmenden kritischen Anmerkungen“ in der Begutachtung gestrichen. Das Fragerecht wird aber insofern ausgebaut, als der Verteidiger künftig schon nach thematisch zusammenhängenden Abschnitten ergänzend nachfragen darf. Beibehalten wurde auch, dass ein freiwilliger Verzicht des Beschuldigten auf ihm zustehende Rechte künftig schriftlich festgehalten werden muss - um sicherzugehen, dass er ausreichend informiert wurde.
Den Staatsanwälten wird die Möglichkeit eröffnet, auf das - mit der Steuerreform eingeführte - zentrale Kontenregister zuzugreifen. Auf Anordnung der StA abgefragt werden können „äußere Kontendaten“ wie Inhaber, Wohnort, Geburtsdatum. Für die Auskunft über den Inhalt des Kontos wird neben der Anordnung durch die StA auch weiter eine gerichtliche Bewilligung nötig sein. Dies soll mit 1. August in Kraft treten, zuvor müssen noch technische Details des Kontenregisters mit einer Verordnung des Finanzministers geregelt werden.
Außerdem trägt die StPO-Novelle der strengen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum „Lockspitzelverbot“ Rechnung. Die bisherige österreichische Praxis - Verurteilung des „verlockten“ Angeklagten, aber mit Strafmilderung als Ausgleich - ist laut EGMR nämlich nicht zulässig. Künftig wird deshalb ein prozessuales Verfolgungshindernis dem „Lockspitzelverbot“ Rechnung tragen.