Grüne werfen EU-Kommission „Illusionen“ bei Atomenergie vor

Brüssel/Straßburg (APA) - Die Grünen im Europaparlament werfen der EU-Kommission „Illusionen“ bei der Einschätzung zur Zukunftstauglichkeit ...

Brüssel/Straßburg (APA) - Die Grünen im Europaparlament werfen der EU-Kommission „Illusionen“ bei der Einschätzung zur Zukunftstauglichkeit der Atomenergie vor. Die grüne Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms beschuldigte die EU-Behörde am Dienstag, auch fünf Jahre nach dem Reaktorunfall in Fukushima auf neue Atomkraft-Investitionen zu setzen und dabei die Kosten enorm herunterzuspielen.

Harms bezog sich auf einen Entwurf der EU-Kommission zur Zukunft der Atomwirtschaft in der EU („Hinweisendes Nuklearprogramm“ - Community Nuclear Illustrative Programme - PINC). Der endgültige Bericht soll nach Angaben der Grünen nach dem EU-Gipfel kommende Woche von der EU-Kommission vorgelegt werden. Die EU-Kommission legt nach dem Euratom-Vertrag regelmäßig einen solchen Bericht vor, zuletzt war dies 2007/2008. Der Bericht enthält keine Gesetzesmaßnahmen.

Nach einer Analyse der Studienautoren Yves Marignac und Manon Besnard im Auftrag der Grünen reflektiert der Entwurf der EU-Kommission nicht den wirklichen Trend der Atomenergie in der EU, wo gegenüber 2007 die Zahl der Reaktoren um 21 zurückgegangen sei und sich die nuklearen Kapazitäten um 14 Prozent verringert hätten.

„Sicherheitsfragen, die eine Hauptsorge der EU-Kommission in ihrem vorangegangenen PINC 2007 waren, werden nicht mehr diskutiert, womit die Konsequenzen des Fukushima-Desasters gar nicht mehr berücksichtigt werden“, heißt es in der Analyse. Harm kritisierte in diesem Zusammenhang, dass ein vom früheren EU-Energiekommissar Günther Oettinger angekündigter Vorschlag zur Haftung der AKW-Betreiber bei Unfällen mittlerweile in Vergessenheit geraten sei.

Die Grünen werfen der EU-Kommission darüber hinaus vor, die Kosten für eine langfristige Nutzung der bestehenden Atomkraftwerke und Investitionen in neue Anlagen herunterzuspielen. So habe die EU-Kommission nichts aus den „finanziellen Desastern“ der AKW-Projekte Olkiluoto in Finnland, Flamanville in Frankreich und Hinkley Point C in Großbritannien gelernt. An die Klage Österreichs wegen illegaler Staatsbeihilfen in Hinkley Point verschwende die EU-Kommission nicht einen Gedanken, kritisierte Harms.

Auch die Kosten für die Dekomissionierung von Atomkraftwerken und für den Atommüll würden von der EU-Kommission deutlich unterschätzt, kritisieren die Grünen. Während die EU-Behörde eine Finanzierungslücke von 100 Milliarden Euro ausmache, fehlen nach Schätzung der Grünen europaweit 290 Milliarden Euro. „Es ist höchst an der Zeit, dass die EU-Kommission erklärt, dass Neubauten (von AKW) keine wirtschaftliche Option sind“, sagte Harms.

~ WEB http://www.europarl.europa.eu/portal/de ~ APA232 2016-03-15/11:53