Deutsches Verfassungsgericht prüft Klagen gegen Atomausstieg

Karlsruhe/Düsseldorf/Essen (APA/AFP/dpa/Reuters) - Das deutsche Bundesverfassungsgericht überprüft seit Dienstag die Rechtmäßigkeit des vor ...

Karlsruhe/Düsseldorf/Essen (APA/AFP/dpa/Reuters) - Das deutsche Bundesverfassungsgericht überprüft seit Dienstag die Rechtmäßigkeit des vor fünf Jahren beschlossenen Atomausstiegs. Die deutsche Regierung hatte die Entscheidung nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima gefällt und unter anderem die sofortige Abschaltung einiger Atomkraftwerke verfügt. Die Energieversorger E.ON, RWE und Vattenfall sehen in dem Ausstieg eine Enteignung.

Ein Urteil dürfte erst in Monaten fallen. Der Auftakt der Verhandlung wurde von Protesten von Umweltschützern begleitet. Die Umweltschützer forderten demnach vor dem Bundesverfassungsgericht die sofortige Stilllegung der acht noch in Deutschland befindlichen Atommeiler. Außerdem müsse der Atomausstieg im Grundgesetz verankert werden, forderten Vertreter der Umweltschutzorganisation BUND.

Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks verteidigte am Dienstag die Entscheidung zum beschleunigten Atomausstieg. „Gerade auch vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen kontroversen gesellschaftlichen Diskussionen konnte es ein „Weiter so“ nicht geben“, sagte die SPD-Politikerin.

Die deutschen Energiekonzerne Eon, RWE und Vattenfall klagen, weil sie in der Kehrtwende der deutschen Regierung in der Atompolitik eine Enteignung ohne Entschädigung sehen. Der vierte große Konzern in Deutschland, EnBW, hatte keine Verfassungsbeschwerde gegen den Atomausstieg erhoben.

Sollten die Versorger vor dem obersten deutschen Gericht Recht bekommen, müssten sie den Schadenersatz in weiteren Verfahren einklagen. Dabei geht es um insgesamt rund 19 Milliarden Euro. „Es geht nicht um Atomenergie. Es geht am Ende um eine faire Entschädigung“, sagte E.ON-Chef Johannes Teyssen zu Beginn der Verhandlung. Er vertrete hier auch die Interessen der Anleger, die im Vertrauen auf Rechtsschutz investiert hätten.

Auch RWE -Kraftwerkschef Matthias Hartung verwies darauf, dass es den Versorgern nicht um die Energiewende oder die Frage der Kernenergie als solches gehe. „Die Risiken der Kernenergie hatten sich mit Fukushima nicht verändert, sondern die Risikowahrnehmung.“ Wenn der Staat dann Eigentumsrechte entziehe, müsse es eine Entschädigung geben. Allein E.ON beziffert seinen Schaden auf mehr als acht Milliarden Euro. RWE hat keine Summe genannt, Analysten gehen von sechs Milliarden Euro aus. Vattenfall will 4,7 Milliarden Euro und klagt zudem vor einem Schiedsgericht in den USA.

Unter dem Eindruck des Reaktorunglücks im japanischen Fukushima hatte die damalige schwarz-gelbe Koalition 2011 die Laufzeitverlängerung aus dem Vorjahr rückgängig gemacht. Im Atomgesetz schrieb sie fest, bis wann die 17 deutschen Meiler vom Netz müssen. Die letzten der jetzt noch acht Kraftwerke werden nun spätestens 2022 abgeschaltet.

Mit den gesetzlich festgelegten Abschaltdaten ist nach Hendricks‘ Überzeugung auch eine Befriedung der jahrzehntelangen Kontroverse um die Atomenergie verbunden. „Es besteht inzwischen ein breiter gesellschaftlicher Konsens, dass der Energiebedarf zukünftig so weit wie möglich aus erneuerbaren Energien gedeckt werden muss.“

Die Ministerin verwies darauf, dass bereits 2002 der endgültige Atomausstieg mit Zustimmung der Energieunternehmen festgelegt worden sei. Das Gesetz von 2011 habe darauf Bezug genommen. „Die Tatsache, dass der Atomausstieg voranging, war kein neuer Sachverhalt“, sagte sie.

Die damalige christlich-liberale Bundesregierung hatte im Herbst 2010 den 2002 von Rot-Grün durchgesetzten Atomausstieg rückgängig gemacht. Nach Fukushima wurde dann erneut der Ausstieg beschlossen.

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