Besonders normal und mitten im Leben
Am Welt-Down-Syndrom-Tag steigt in Lienz ein Familienfest für alle. Und in Schulen begegnet man Berührungsängsten wieder mit speziellen Aktionen.
Von Claudia Funder
Lienz –Sie bringen ein Chromosom mehr mit als andere Babys, haben 47 statt der üblichen 46. Und im Verlauf ihres Lebens sind sie mit so manchen Herausforderungen konfrontiert – weniger mit eigenen Einschränkungen als mit Vorurteilen anderer. Menschen mit Down-Syndrom sind außergewöhnlich, wünschen sich aber vor allem eines: Normalität.
Ein Umdenken in der Gesellschaft hat längst stattgefunden, Berührungsängste sind in den vergangenen Jahren spürbar kleiner geworden. Vieles habe sich zum Positiven verändert. Heute werde Menschen mit Trisomie 21, wie die Chromosomen-Besonderheit auch genannt wird, deutlich offener begegnet, erklärt Pia Schlichenmaier im Gespräch mit der TT. Sie ist Obfrau des Osttiroler Vereins „Hand in Hand“, der am Welt-Down-Syndrom-Tag erneut einen sehr offenen Einblick in das Thema gewährt.
Unter dem Motto „Eine extra Portion Glück“ wird am Montag, 21. März, von 10 bis 14 Uhr zum Familienfest für alle in die Stadtbücherei Lienz geladen. Um 11 Uhr kommen die Osttirol-Clowns auf Besuch, zudem warten eine Hüpfburg, Kinderschminken, eine Fotoecke sowie Kaffee und Kuchen.
Ziel von Aktionen wie diesen ist, noch bestehende Vorurteile und Unsicherheiten auszuräumen – und zwar in Begegnungen. „Menschen mit Down-Syndrom haben die gleichen Gedanken, Wünsche und Pläne“, weiß Pia Schlichenmaier als Mutter des fast 16-jährigen Jonas aus eigener Erfahrung. „Wir sagen nicht, dass es einfach ist, dass unsere Kinder eine Behinderung haben. Aber wir haben auch – sehr oft sogar – glückliche Momente. Und die wiegen vieles auf. Da bedeutet ein extra Chromosom auch immer wieder einmal eine extra Portion Glück.“ Manchmal würden die Kinder auch dazu beitragen, den Alltag ihrer Eltern zu entschleunigen, erzählt Schlichenmaier.
All diese Botschaften will man hinaustragen, und die lachenden Gesichter von Kindern mit Down-Syndrom prägen sich wohl am besten ein.
In den kommenden Wochen werden Mitglieder des Vereins wieder in mehreren Lienzer Schulen präsent sein. Der Film „Zeig mir deine Welt“ gibt Einblick in den Alltag einiger Protagonisten. Der Streifen zeigt beileibe keine traurige Welt, sondern eine voll praller Lebensfreude. Die Schüler werden aber auch im Gespräch mit betroffenen Eltern erfahren, wie es so ist, mit einem behinderten Kind zu leben. Und bei zukünftigen Begegnungen vielleicht unbefangener reagieren.
Mit vielen Fragen der Schüler werde man konfrontiert, etwa jenen, wie die Situation nach der Geburt war oder ob man das Kind auch bekommen hätte, wenn man zuvor Bescheid gewusst hätte. Sehr offen und ungeschönt erfolgen die Antworten.
Fast alle Eltern entscheiden sich nach der Diagnose für eine Abtreibung. „In Osttirol wurden aber“, weiß Schlichenmaier, „in den letzten Jahren sehr viele Kinder mit Down-Syndrom geboren.“
Ihnen im Alltag offen zu begegnen, sich auf die Verschiedenheit einzulassen, kann es beiden Seiten leichter machen. Es braucht dazu meist bloß eine kleine Korrektur unserer Wahrnehmung.