Standort Tirol

Digitale Nomaden sollen in Zukunft in Tirol arbeiten

Harald Gohm präsentiert sein neues Buch "Erfolgreich in den Alpen".
© Andreas Rottensteiner / TT

Was macht Unternehmer in den Alpen erfolgreich, wo sehen sie Herausforderungen? Ein Buch von Harald Gohm gibt Antworten darauf.

Frau Birgit Pikkemaat und Sie haben das Buch „Erfolgreich in den Alpen“ herausgegeben. Worum geht es in diesem Buch, Herr Gohm?

Harald Gohm: Birgit Pikkemaat kommt aus der Tourismusforschung und ich beschäftige mich als Geschäftsführer der Standortagentur mit der Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Tirol. Wir haben uns gemeinsam auf die Suche nach Erfolgsmustern aus dem alpinen Raum gemacht, die in einer Welt der Veränderungen Bestand haben. Dazu haben wir mit Künstlern, Landwirten, Touristikern, Handwerkern und Chefs von Industrieunternehmen gesprochen. Sie alle arbeiten an unternehmerischen Lösungen und sind sehr erfolgreich.

Was zeichnet diese Unternehmerpersönlichkeiten aus?

Gohm: Sie haben eine starke emotionale Bindung zum Alpenraum, die Umgebung prägt sie. Zeitweise kehrten sie ihrer Heimat den Rücken zu, um sich im Ausland inspirieren zu lassen. Das dort erworbene Wissen versuchten sie dann zuhause umzusetzen. Überrascht hat uns, dass traditionelle Werte wie Heimat, Familie und Handschlagqualität trotzdem eine große Rolle spielen. Gerade die Handschlagqualität ist etwas fast Einzigartiges. Gleichzeitig unterstreichen die Interviewten, dass sich der alpine Raum international orientieren muss, um seine Position zu halten. Der Südtiroler Leitner-Manager Anton Seeber bringt das auf den Punkt: ,Früher hat es gereicht, hart zu arbeiten, aber das wird in Zukunft zu wenig sein. Man muss sich bewusst in die Unsicherheit bewegen, Neues versuchen, vielleicht dabei auch scheitern. Wichtig ist es jedoch, in Bewegung zu bleiben.’

Vor welchen Herausforderungen steht der alpine Raum, der Wirtschaftsstandort?

Gohm: Die Stärke des alpinen Raums ist das unglaubliche Panorama an Lebensraum, an hohem Freizeitwert. Dem gegenüber stehen die Urbanisierung, die Digitalisierung, neue Verkehrstechnologien usw., die sich auf den Alpenraum besonders stark auswirken.

Haben die Alpen überhaupt eine Zukunft oder sollen sie nur ein Urlaubsrefugium für urbane Menschen sein?

Gohm: Beat Hächler, der Direktor des Alpinen Museums in Bern, denkt in unserem Buch an, Städte so zu konstruieren, dass sie die Alpen nicht mehr brauchen. Im Alpenraum leben rund 14 Millionen Menschen, bei uns in den Ostalpen wächst die Bevölkerung noch, doch im Tessin oder im Wallis werden ganze Landstriche entsiedelt. In der Schweiz diskutiert man daher das Konzept der alpinen Brache. Es ist die Frage, ob der letzte Ort im hintersten Tal noch voll erschlossen werden muss, ist das volkswirtschaftlich vertretbar? Oder überlässt man Landstriche ganz gezielt der Natur und macht Naturparks daraus. Im Kanton Chur gibt es so eine Region, dort sollen die Menschen in die Stadt absiedeln. Diese Debatte gibt es zum Glück bei uns in Österreich nicht. Wir sind überzeugt, dass man in einer digitalisierten, vernetzten Welt an jedem Ort der Welt arbeiten kann, ich muss nur die digitalen Nomaden an diese Orte bringen.

Gibt es dafür Beispiele in Tirol?

Gohm: Wir arbeiten an solchen Konzepten für Tirol. Im Engadin wurde kürzlich so ein Versuch gestartet. Denn es gibt neben meinem Wohn- und Arbeitsort noch einen dritten Ort, wo ich mich vielleicht für längere Zeit zum Arbeiten hinbewege. Das wäre eine Win-win-Situation für den Tourismus und die Digitalwirtschaft.

Buch-Tipp

"Erfolgreich in den Alpen. Perspektiven und Strategien" Herausgeber: Harald Gohm, Birgit Pikkemaat; Studia Universitätsverlag; 28,60 Euro; Weitere Informationen unter www.alpine-future.com