Mazedonien schickte Hunderte Flüchtlinge aus Idomeni zurück
Idomeni/Skopje (APA/dpa/AFP/Reuters) - Nach dem Exodus Hunderter Flüchtlinge aus dem improvisierten Zeltlager Idomeni schickte Mazedonien am...
Idomeni/Skopje (APA/dpa/AFP/Reuters) - Nach dem Exodus Hunderter Flüchtlinge aus dem improvisierten Zeltlager Idomeni schickte Mazedonien am Dienstag Hunderte Migranten zurück nach Griechenland. Griechenland wollte dies zunächst weder bestätigen noch dementieren. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras verurteilte die Flugblatt-Aktion, die zu dem Grenzmarsch geführt hatte, scharf.
„Dieses Spiel mit Menschenleben muss aufhören“, sagte Tsipras bei einer Pressekonferenz in Athen. Den mutmaßlichen Organisatoren warf er ein „kriminelles Vorgehen“ vor. Unbekannte, die sich wohl als Helfer ausgegeben hätten, hätten die Flüchtlinge ermutigt, sich beim Übergang über die grüne Grenze in Lebensgefahr zu begeben. Tsipras stellte klar: „Es ist ausgeschlossen, dass die Balkanroute sich noch einmal öffnen wird“ und „Wir werden zusammenarbeiten, um Ihren legalen Transfer nach Europa zu beschleunigen“.
Am Montag waren in dem provisorischen Camp Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze Flugblätter mit arabischem Text und einer handgezeichneten Skizze aufgetaucht, wie die mazedonischen Grenzanlagen umgangen werden können. Wer in Griechenland bleibe, werde vermutlich in die Türkei abgeschoben, hieß es darin.
Laut griechischen Medienberichten machten sich daraufhin 1.500 Menschen auf den Weg, teilweise war sogar von 2.000 die Rede. 700 Flüchtlinge schafften es tatsächlich nach Mazedonien, wurden dort aber aufgehalten und nach Angaben der lokalen Polizei teilweise noch in der Nacht mit Lkws zurück nach Griechenland transportiert. Drei Flüchtlinge starben bei dem Versuch, Mazedonien zu erreichen.
Der stellvertretende Verteidigungsminister Dimitris Vitsas wollte indes nicht bestätigen, dass sich die Schutzsuchenden wieder auf griechischem Boden befinden. „Was ich weiß ist, dass jeder Schritt entsprechend der üblichen diplomatischen Mittel stattfinden wird“, so Vitsas.
Laut Völkerrecht muss sich der abschiebende Staat vor einer Rückschiebung vergewissern, dass die menschenrechtskonforme Behandlung des Flüchtlings gewährleistet bleibt. Das heißt, dass beispielsweise kein Risiko auf Verfolgung besteht. Dies gelte auch für „Kettenabschiebungen“, erklärte Anny Knapp, Obfrau der Asylkoordination Österreich auf APA-Anfrage.
Jene Flüchtlinge, die am Dienstag nach Griechenland zurückgekehrt waren, berichteten gegenüber Journalisten, dass sie von mazedonischen Sicherheitskräften mit Schlagstöcken traktiert worden. Die Situation beschrieben sie als „bedrohlich“. Vor ihnen habe sich ein Spalier aus Soldaten und Polizisten mit Hunden formiert. Die Sicherheitskräfte hätten schließlich die kleinen Zelte der Flüchtlinge zerstört und die Migranten harsch aufgefordert, nach Griechenland zurückzukehren.
Der Sprecher des Flüchtlings-Krisenstabs, Giorgos Kyritsis, erläuterte, der Flüchtlings-Exodus sei von Unbekannten organisiert worden. „Wir haben in unseren Händen Flugblätter, die zeigen, dass das eine organisierte Aktion war“, sagte der Sprecher. Nach griechischen Medienberichten könnten linksgerichtete Gruppierungen hinter der Aktion stecken.
Unter dem Flugblatt stand nach Angaben des mazedonischen Senders „Alsat“ „Kommando Norbert Blüm.“ Der deutsche Ex-Arbeitsminister und CDU-Politiker hatte zwar am Wochenende in einem Zelt in Idomeni übernachtet und sich mit den Menschen dort solidarisch gezeigt. Mit dem Flugblatt hat der 80-Jährige aber nach eigenen Angaben nichts zu tun.
In dem Flüchtlingscamp in Idomeni sitzen nach der auf österreichische Initiative geschlossenen Balkanroute nach inoffiziellen Schätzungen bis zu 12.000 Menschen fest, darunter viele Kinder. Sie campieren dort seit Tagen bei Regen und Kälte in Zelten im Schlamm und hoffen, doch noch nach Norden weiterziehen zu können.
Am Donnerstag und Freitag werden die 28 EU-Staats- und Regierungschefs erneut über eine gemeinsame Lösung der Flüchtlingskrise beraten. Am Freitag geht es um den mit der Türkei geplanten, höchst umstrittenen „Flüchtlingsdeal“. Nach bisher getroffenen Absprachen soll sich Ankara verpflichten, alle Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Im Gegenzug soll die EU anerkannte syrische Kriegsflüchtlinge im Verhältnis eins zu eins aus der Türkei aufnehmen. Am morgigen Mittwoch will die Kommission Details zu dem Deal festlegen.
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos gab indes bekannt, dass man die geplante Verteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien in andere EU-Länder vorantreiben wolle. 6.000 Flüchtlinge sollen pro Woche umverteilt werden, sagte er bei einem Besuch in Idomeni. Er rief die Mitgliedsländer dazu auf, mehr Plätze dafür einzumelden.
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