Obst kosten, Packungen öffnen? Was im Supermarkt erlaubt ist
Auch beim Lebensmittelhändler des Vertrauens gelten Spielregeln. Die Konsumenten haben weniger Rechte als gemeinhin angenommen. Einkaufstaschen checken darf aber nur die Polizei.
Von Markus Schramek
Innsbruck — Zwei Klassen von Kunden gibt es in der Obstabteilung eines Supermarkts. Manche würden gerne, trauen sich aber nicht; andere tun es dagegen ganz und gar ungeniert: kosten, ob die angebotenen Früchte auch munden. Sind die Trauben so süß wie verheißen oder regen sie den Esser beim Verzehr doch eher dazu an, eine saure Grimasse zu schneiden?
Darf man Nahrung im Supermarkt aber tatsächlich kosten oder gar aufessen, ohne sie vorher bezahlt zu haben? Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), mithin die Klagemauer von Herrn und Frau Kundschaft, hat diese und weitere Verhaltensweisen beim Einkaufen rechtlich gecheckt. Hier der Befund: Die Freiheiten von Kunden im Supermarkt sind, nach dem Buchstaben des Gesetzes, enden wollend. In Zweifelsfällen ist es wohl besser, das Plazet des Personals einzuholen. Unbezahlte Ware gehört noch dem Händler.
Doch auch die Befugnisse der Supermarkt-Mitarbeiter haben Grenzen, betont der VKI. So darf das (Kassen-)Personal gegen den Willen eines Kunden dessen Einkaufstasche nicht kontrollieren. Bei „begründetem Verdacht" kann der Kunde aufgefordert werden zu warten, bis die Polizei kommt. Sie darf die Taschen dann inspizieren.
In der Praxis können die Gepflogenheiten von Kette zu Kette variieren. Wir haben daher die Sprecherinnen zweier Handelsriesen gebeten, die Spielregeln in ihren Supermärkten zu erläutern. Nicole Berkmann von Spar Österreich und Ingrid Heinz von MPreis waren so freundlich, die folgenden Fragen zu beantworten.
- Darf man offenes Obst verkosten (ein paar Trauben, eine Zwetschge)? Bei MPreis ist das in Ausnahmefällen erlaubt; bei Spar wird es „aus hygienischen Gründen nicht gerne gesehen", in Einzelfällen aber auch hier toleriert.
- Darf man Nahrung (Wurstsemmel, Kekse, Getränke) schon vor der Kassa verspeisen? Bei MPreis geht man davon aus, dass Kunden (halbleere) Verpackungen an der Kassa vorweisen und nachträglich bezahlen. Spar sieht das kritischer: Erwachsene sollten sich bis nach dem Bezahlen beherrschen können; das Saftl für das Kind schon vorher aufzumachen ist aber okay. Wichtig ist natürlich, dass die Ware überhaupt bezahlt wird.
- Kann man Packungen aufreißen, um etwa Kleidung auf die Größe zu prüfen? Hier gilt bei MPreis und Spar dieselbe Regel: einen Mitarbeiter fragen. Oft gibt es auch Ansichtsstücke, die schon ausgepackt sind.
- Kann man einen Fehlkauf umtauschen? Ein Rechtsanspruch darauf besteht laut VKI nicht, außer eine Ware ist verdorben oder fehlerhaft. In letzterem Fall wird sie sowohl bei MPreis als auch bei Spar problemlos ausgetauscht.
- Wird an der Kassa Einblick in Einkaufstaschen verlangt? Das Personal hat keinen Anspruch auf eine Taschenkontrolle (wie schon weiter oben ausgeführt). Bei Spar fragen die Mitarbeiter daher, ob sie in die Taschen schauen dürfen. Auch bei MPreis ist das Usus, so ein Verdacht besteht. Weigert sich die Kundschaft, wird sie ersucht zu bleiben und eine Kontrolle durch die Polizei durchgeführt. Es ist ratsam, Taschen freiwillig zu öffnen, um Missverständnissen vorzubeugen.
- Einem Kunden fällt eine teure Weinflasche zu Boden. Muss er für den Schaden aufkommen? Hier ist die Auskunft von Spar und MPreis praktisch deckungsgleich: Geht unabsichtlich etwas zu Bruch, muss der Kunde das nicht bezahlen.
- Der Preis einer Ware ist am Regal niedriger angeschrieben, als er dann an der Kassa verrechnet wird. Welcher Preis gilt? Einen Rechtsanspruch auf den niedrigeren Preis gibt es nicht; der Kunde muss ja die Ware nicht zum höheren Preis nehmen. In beiden befragten Handelshäusern wird aber ohnehin der günstigere Regalpreis gewährt. Entdecken muss man die preisliche Diskrepanz beim Bezahlen halt selbst.