Erstmals seit Jahrzehnten ziviler Präsident in Myanmar gewählt

Naypyidaw (APA/AFP) - Erstmals seit Jahrzehnten ist in Myanmar ein ziviler Präsident gewählt worden: Htin Kyaw erhielt bei dem Votum im Parl...

Naypyidaw (APA/AFP) - Erstmals seit Jahrzehnten ist in Myanmar ein ziviler Präsident gewählt worden: Htin Kyaw erhielt bei dem Votum im Parlament am Dienstag die notwendige Zahl an Stimmen. Der 69-Jährige gilt als einer der engsten Vertrauten von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die selbst nicht antreten durfte, aber nach eigenen Angaben „über“ den neuen Staatschef die Politik des Landes bestimmen will.

Htin Kyaw erhielt bei der historischen Sitzung beider Parlamentskammern in Naypyidaw 360 von 652 Stimmen. Er wird damit das erste zivile Staatsoberhaupt seit 1962. Seine Wahl wurde von den Abgeordneten mit tosendem Beifall gefeiert. Htin Kyaw soll nun Ende des Monats den Posten von Ex-General Thein Sein übernehmen, der in den vergangenen fünf Jahren den Übergang von der Militärdiktatur zur Demokratie steuerte.

Der neue Präsident machte sofort klar, dass die wahre Macht bei der ein Jahr älteren Suu Kyi liegen wird. „Das ist der Sieg von Suu Kyi“, sagte er nach der Abstimmung. Die Chefin der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) durfte wegen der noch von der Militärjunta durchgesetzten Verfassung nicht selbst als Präsidentin kandidieren, weil sie einen Ausländer heiratete und Kinder mit ihm hat.

Die NLD hatte unter Suu Kyi bei der Parlamentswahl im November fast vier Fünftel der zur Wahl stehenden Sitze gewonnen. Allerdings bleibt dem Militär ein Viertel der Mandate vorbehalten. Von den Abgeordneten des Militärs und den von ihm gestützten Parteien kamen am Dienstag auch die Stimmen für die Gegenkandidaten, die nun zu Vize-Präsidenten werden. Bei ihnen handelt es sich um Ex-General Myint Swe und Henry Van Thio von der ethnischen Minderheit der Chin, sie erhielten 213 beziehungsweise 79 Stimmen.

Die Wahl des ersten zivilen Präsidenten seit mehr als einem halben Jahrhundert wurde im ganzen Land verfolgt. In Rangun drängelten sich die Menschen in Teeläden, um das Votum live im Fernsehen zu verfolgen. „Er wurde von Mutter Suu ausgewählt“, sagte der Gemüsehändler Daw Mya. „Jetzt ist er unser Präsident. Er wird ein guter Präsident sein, denn er hat so viele Jahre mit Mutter Suu gearbeitet“, fügte der 60-Jährige hinzu.

Politisch hat Htin Kyaw bisher keinerlei Erfahrungen. Er ist in Myanmar aber sehr bekannt, weil sein Vater ein berühmter Dichter war. Zudem gehörte der 69-Jährige seit Jahren zum Leitungsteam von Suu Kyis Wohltätigkeitsstiftung und wurde oft hinter dem Steuer des Wagens gesehen, der die NLD-Chefin von Termin zu Termin brachte. Dass ihn die Nobelpreisträgerin nun zum Präsidenten wählen ließ, gilt als klares Zeichen dafür, dass diese von seiner absoluten Loyalität überzeugt ist.