Unmut in deutscher CDU über Tweet Steinbachs zur Flüchtlingspolitik

Berlin (APA/AFP) - Kritische Tweets der deutschen CDU-Abgeordneten Erika Steinbach zur Flüchtlingspolitik sorgen in der Unionsfraktion zuneh...

Berlin (APA/AFP) - Kritische Tweets der deutschen CDU-Abgeordneten Erika Steinbach zur Flüchtlingspolitik sorgen in der Unionsfraktion zunehmend für Unmut. Aus seiner Sicht seien manche Äußerungen Steinbachs auf dem Kurznachrichtendienst Twitter „nicht nur sachlich falsch, sondern auch begrifflich nicht akzeptabel“, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) am Dienstag in Berlin.

Steinbach lehnte es ab, aufgrund der Kritik an ihr persönliche Konsequenzen zu ziehen: „Ich habe keinen Grund dafür.“ Grosse-Brömer betonte, Steinbach stoße nicht nur bei ihm, sondern auch bei anderen Fraktionskollegen auf „Unverständnis“. Zuletzt hatte Steinbach am Wochenende Kritik hervorgerufen: Einen Artikel über Überlegungen der EU-Mitgliedstaaten für eine beschleunigte Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei kommentierte die hessische Abgeordnete mit den Worten: „Seit September alles ohne Einverständnis des Bundestages. Wie in einer Diktatur“.

Grosse-Brömer nannte den Vergleich der deutschen Regierung mit einer Diktatur „inakzeptabel“ und verwies darauf, dass es in der Gruppe der hessischen CDU-Abgeordneten über die umstrittenen Twitter-Botschaften Steinbachs am Montag eine „intensive“ Diskussion gegeben habe. Dass die 72-Jährige deswegen ihr Amt als menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion verlieren könnte, wollte der Parlamentsgeschäftsführer nicht ausschließen.

„Das müssen wir mal sehen“, antwortete Grosse-Brömer auf eine entsprechende Journalistenfrage. Darüber würden aber noch Gespräche zu führen sein. Für einen Antrag, Steinbach ihrer Funktion zu entheben, müssten zwei Drittel der Unionsfraktion zustimmen. Die Flüchtlingspolitik beschäftigt die Abgeordneten von CDU und CSU seit Monaten wie kein anderes Thema. Viele sehen den Kurs der Bundesregierung kritisch, eine Zweidrittel-Mehrheit für eine Abberufung Steinbachs scheint unwahrscheinlich.

Steinbach könnte natürlich auch selber Konsequenzen ziehen - doch das lehnt sie entschieden ab. „Ich werde nicht zurücktreten“, sagte sie am Rande einer Sitzung der Unionsfraktion. „Ich habe keinen Grund dafür.“ Die CDU-Politikerin bezeichnete ihren Diktatur-Vergleich als „etwas überspitzt“. Dahinter stehe aber die Sorge, dass der Bundestag beim Thema Schutz der deutschen Grenzen beteiligt werden müsse. Steinbach stellte sich hinter CSU-Chef Horst Seehofer, der nationale Maßnahmen zur Verringerung der Flüchtlingszahlen fordert und von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vehement eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik verlangt.

Der Tweet Steinbachs vom Wahlsonntag ist nicht der erste, mit dem sie heftige Reaktionen provozierte. Ende Februar postete sie unter der Überschrift „Deutschland 2030“ ein Foto von einem kleinen blonden Kind, das von dunkelhäutigen Menschen umringt wird. Unter dem Bild steht: „Woher kommst du denn?“.

Davor hatte Steinbach im November mit einer Twitter-Nachricht zum Tod von Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) für Empörung gesorgt. Steinbach hatte getwittert: „Wir haben in unserer Fraktionssitzung seiner in Respekt gedacht.“ Dazu stellte sie ein Zitat des SPD-Politikers aus dem Jahr 1981, wonach Schmidt auf einer DGB-Veranstaltung sagte: „Wir können nicht mehr Ausländer verdauen, das gibt Mord und Totschlag.“

Steinbach wurde daraufhin vorgeworfen, den Tod Schmidts in der Debatte um die Ausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu missbrauchen.