Slowakei: Bildung dritter Regierung für Fico in Reichweite gerückt
Bratislava (APA) - Die vier Parteien, die an der Bildung einer künftigen Links-Rechts-Regierung der Slowakei unter dem bisherigen Ministerpr...
Bratislava (APA) - Die vier Parteien, die an der Bildung einer künftigen Links-Rechts-Regierung der Slowakei unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Robert Fico arbeiten – Smer, SNS, Most-Hid und Siet – haben sich definitiv auf ihre Programm-Prioritäten für die Jahre 2016-2020 geeinigt. Das teilten die Parteivorsitzenden nach stundenlangen Koalitionsverhandlungen am Dienstag vor Journalisten in Bratislava mit.
Für den amtierenden Ministerpräsidenten der Slowakei Robert Fico rückt damit die Bildung seiner schon dritten Regierung nochmals näher. Die vereinbarten Prioritäten, die ein Kompromiss zwischen den Wahlprogrammen aller vier Parteien sind, sollen Grundlage der Programmerklärung der künftigen Regierung werden.
Ficos Smer-SD (Richtung – Sozialdemokratie) hatte bei den Parlamentswahlen am 5. März ihre absolute Mehrheit eingebüßt, sie verfügt nur noch über 49 statt der bisherigen 83 Mandate im Parlament. Die Smer ist somit auf mindestens drei Koalitionspartner angewiesen. Beobachter hatten Fico, der vergangene Woche von Staatspräsident Andrej Kiska den Auftrag zur Regierungsbildung angenommen hatte, nur geringe Erfolgschancen vorausgesagt.
Der Europaskeptiker Richard Sulik, dessen Freiheit und Solidarität (SaS) beim Urnengang unerwartet zur zweitstärksten Partei der Slowakei aufgestiegen war, hatte versucht, eine breite rechte Sechserkoalition zusammenzubekommen und damit Robert Fico ins Abseits zu drängen. Als entscheidend hatte sich der Standpunkt der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) unter Andrej Danko gezeigt.
Er würde lieber Neuwahlen in Kauf nehmen, als der breiten Rechtskoalition beizutreten, die das Chaos nach den Wahlen im Land nur noch vertiefen würde, erklärte Danko. Daraufhin lenkten auch die Parteien der Ungarnminderheit Most-Hid sowie die rechtskonservative Siet ein, die ursprünglich eine Rechts-Koalition unterstützen wollten. Sie willigten Koalitionsverhandlungen mit der linksorientierten Smer von Fico ein.
Die vier Parteien einigten sich am Dienstag unter anderem auf die Einführung persönlicher Haftung von Politikern bei Fehltritten, die auf Kosten der Steuerzahler gehen würden. Zudem sollen unter der künftige Regierung Steuern für Unternehmer sinken. Die Smer hat sichtlich einen fühlbaren Rückzieher gemacht, indem sie der Abschaffung der kritisierten Steuerlizenzen zustimmte, die Firmen in der Slowakei zwingen Mindeststeuern zu zahlen, auch wenn sie einen Verlust erwirtschaften.
Die einfarbige Regierung von Fico hatte diese als eine ihrer Maßnahmen für verbesserte Steuereinnahmen eingeführt. Die Einsetzung von Personen, nominiert von politischen Parteien, in führende Positionen in staatlichen Firmen und öffentlicher Verwaltung, soll eingeschränkt werden. Weiterhin in Kraft bleiben allem Anschein nach Sondersteuern für sogenannte regulierte Firmen z.B. aus dem Energiesektor. Ins chronisch unterfinanzierte Schulwesen sowie in die Minderheitenkultur soll hingegen mehr Geld fließen.
Die Vierer-Koalition Smer-SNS-Most-Siet von Fico sollte ursprünglich im 150-köpfigen Parlament auf eine bequeme Mehrheit von 85 Stimmen kommen. Mehrere dieser Mandate wird sie aber wohl noch im Laufe der Koalitionsverhandlungen verlieren. Drei Parlamentarier der Siet haben bereits aus Protest gegen die sich anbahnende Zusammenarbeit mit Fico angekündigt, ihre Partei verlassen zu wollen. Sie würden im Parlament weiter als parteilos agieren.
Eine ähnliche Position hatte am Dienstag auch Zsolt Simon, einstiger Landwirtschaftsminister der Ungarnpartei Most-Hid angekündigt. „Nach zwei Amtszeiten von Fico ist das Land im Verfall. Ich bin nicht überzeugt, dass Fico und seine Partei sich ändern könnten, und in Zusammenarbeit mit der Slowakischen Nationalpartei erst recht nicht,“ meinte Simon. Dennoch kann die Fico-Koalition vorerst immer noch auf genügende Unterstützung im Nationalrat zählen. Ein Großteil der Rechtsparteien hatte im Wahlkampf gerade Robert Fico als Verantwortlichen für die weiterhin rasende Korruption und Klientelismus in der Slowakei bezeichnet.
Die von Fico geleiteten Koalitionsverhandlungen werden jetzt weiterlaufen. Auf dem Programm stehen nun personelle Fragen samt der konkreten Aufteilung der Ressorts. Wann die Links-Rechts-Regierung fix sein könnte, ist derzeit noch unklar. Der Auftrag zur Regierungsbildung für Fico gilt noch bis Freitag dieser Woche, die Zeit wird dennoch knapp. Ab Donnerstag sollte der amtierende Premier zum EU-Gipfeln nach Brüssel reisen.
Sollte es Robert Fico tatsächlich gelingen erneut eine Regierung zu bilden, wird er zum eindeutig erfolgreichsten Politiker seines Landes seit der Wende 1989. Nur der kontroverse Vladimir Meciar war bisher dreimaliger Ministerpräsident der Slowakei, insgesamt war er aber lediglich sechs Jahre im Amt. Robert Fico regiert jetzt schon acht Jahre und ist damit der am längsten amtierende Premier der Slowakei überhaupt. Eine stabile Regierung dürfte auch den EU-Ratsvorsitz erleichtern, den die Slowakei ab Sommer diesen Jahres erstmals seit ihrem Beitritt zur Gemeinschaft, 2004, übernehmen wird.