Brasiliens Ex-Präsident Lula offenbar kurz vor Regierungseintritt

Brasilia (APA/AFP/dpa) - Der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva wird offenbar bald der Regierung seiner Nachfolgerin Dilm...

Brasilia (APA/AFP/dpa) - Der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva wird offenbar bald der Regierung seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff beitreten. Lula werde „noch heute oder morgen“ in die Hauptstadt Brasilia reisen, um mit Rousseff über seinen künftigen Posten zu sprechen, sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.

Demnach soll der 70-Jährige seine unpopuläre Nachfolgerin vor einem drohenden Sturz schützen. Laut der Zeitung „O Globo“ will Lula nur in die Regierung eintreten, wenn Rousseff ihre bisherige Sparpolitik aufgibt und Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft ergreift. Ihre Regierung wird für die schwere Rezession, wachsende Inflation, explodierende Schulden sowie die chaotische Regierungsführung verantwortlich gemacht. Unter der Amtsführung ihres charismatischen Vorgängers galt Brasilien noch als Wirtschaftswunderland.

Allerdings könnte ein Regierungsamt auch Lula zupasskommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, in den Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt zu sein, ihm droht eine Anklage wegen Korruption und Geldwäsche. Am Montag zog der für die Petrobras-Affäre zuständige Bundesrichter Sergio Moro die Ermittlungen gegen Lula an sich.

Wäre Lula Minister, könnte ihm nur vor dem Obersten Gericht der Prozess gemacht werden. Dass Lula deswegen in die Regierung wechseln könnte, wurde von dem Regierungsvertreter aber ausdrücklich dementiert. Ziel sei es nicht, Lula dabei zu helfen, „der Justiz zu entkommen“. Vielmehr sei er als einziger in der Lage, die gegenwärtige Regierungskrise beizulegen.

Seit Dezember liegt ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff wegen technischer Fragen auf Eis. Der Prozess könnte aber nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts über den richtigen Verfahrensweg wieder aufgenommen werden. Diese Entscheidung wird für Mittwoch oder Donnerstag erwartet. Ob Rousseff eine Abstimmung in Kongress überlebt, ist fraglich.

Ein Senator der Arbeitspartei warf am Dienstag einem von Roussefs Ministern Bestechung vor. Aloizio Mercadante habe über einen Vermittler versucht, sein Schweigen in der Petrobras-Affäre zu kaufen, sagte der in den Skandal verwickelte Senator Delcidio Amaral laut der Staatsanwaltschaft aus. Demnach soll Mercadante unter anderem angeboten haben, für „finanzielle Fragen, insbesondere für Anwaltskosten, aufzukommen“. Der Minister wies die Vorwürfe umgehend zurück.

Bei dem Skandal mit all seinen Verästelungen geht es im Wesentlichen um Schmiergeldzahlungen bei Auftragsvergaben des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras. Gegen 57 Politiker wird ermittelt. Viele Bürger werfen Rousseff eine Mitwisserschaft vor. Am Sonntag war auf Massenprotesten mit 3,6 Millionen Teilnehmern ihre Amtsenthebung gefordert worden. Rousseff und Lula, beide von der linken Arbeiterpartei weisen Korruptionsvorwürfe zurück. Lula gab sogar bekannt, er wolle 2018 wieder für das Präsidentenamt kandidieren.