Oberhammer: Pleite Kärntens ist wie Firmenpleite abzuwickeln
Wien/Klagenfurt (APA) - Selbst wenn es kein eigenes Gesetz für die Pleite eines Bundeslandes gibt, reicht das allgemeine Insolvenzrecht, um ...
Wien/Klagenfurt (APA) - Selbst wenn es kein eigenes Gesetz für die Pleite eines Bundeslandes gibt, reicht das allgemeine Insolvenzrecht, um mit so einer Situation umzugehen. Denn auch wenn ein Unternehmen in der Insolvenz fortgeführt wird, müsse der Insolvenzverwalter alle dafür nötigen Maßnahmen und Mittel organisieren, schreibt Universitätsprofessor Paul Oberhammer in einer Publikation zur möglichen Insolvenz Kärntens.
Es sei ein Irrglauben, dass ein Insolvenzverwalter einfach das ganze Vermögen den Gläubigern gibt. Auch wenn ein zahlungsunfähiger Industriebetrieb weitergeführt wird, müssen nicht nur Löhne und Sozialversicherung gezahlt, sondern auch etwa die Einhaltung von Umweltmaßnahmen gesichert werden. Klar sei, dass man auf ein Bundesland nicht die Regeln für eine Unternehmensabwicklung anwenden könne, sondern nur jene für die Fortführung, da ja der Bestand des Bundeslandes in der Verfassung verankert sei.
Oberhammer hält in der auf Anregung von Heta-Gläubigern entstandenen Publikation fest, dass die Insolvenz eines Bundeslandes zwar aufgrund der notwendigen Beachtung öffentlich-rechtlicher Vorgaben in manchen Aspekten wesentlich komplexer sei als jene eines Großunternehmens, dafür aber wegen der fehlenden Internationalität in anderen Aspekten sogar einfacher. Die Finanzierung der Fortführung sei sogar „deutlich einfacher“ als bei einem Unternehmen, „weil ja durch dessen Steuerhoheit und die Ansprüche aus dem Finanzausgleich für entsprechende Mittel in der Insolvenzmasse gesorgt ist“.
Die Landespolitik habe durch frühere Entscheidungen, im Fall Kärntens durch die Übernahme der Haftungen für die Hypo-Alpe-Adria, ihren wirtschaftlichen Handlungsspielraum ausgeübt. Es sei daher logisch, dass ein Insolvenzverwalter bzw. im Streitfall das Insolvenzgericht in jedem Einzelfall darüber entscheidet, welche Ausgaben das Land noch tätigen kann und welche nicht. Dass es dabei zu Konflikten zwischen Land und Insolvenzverwalter kommen könne, liege freilich auf der Hand, die Insolvenzordnung gebe hier aber klar dem Insolvenzgericht die Entscheidungsbefugnis.
Was genau unter die Funktionsgarantie des Landes fällt, will Oberhammer nicht bewerten, da es sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Frage handelt, aber es „leuchtet schwerlich ein, dass zu dieser Funktionsgarantie auch die Schaffung budgetärer Spielräume für politische Entscheidungen zählen kann“. Diese Spielräume seien ja bereits durch Eingehung jener Verbindlichkeiten ausgeschöpft worden, die zur Insolvenz führten. Für einen „Privatrechtler“ sei nicht nachvollziehbar, warum das Land Vermögen für die Begründung neuer Verbindlichkeiten in Anspruch nehmen können soll. Wer insolvent ist, könne nicht verlangen, „so viel Geld wie bisher“ zu erhalten. „Es widerspräche ... fundamentalsten insolvenzrechtlichen Grundsätzen, dem Schuldner irgendein ‚Budget‘ zur Verfügung zu überlassen.“ Handlungsspielraum habe die Politik eben nur, so weit sie Geld übrig habe.
Andererseits sei der Insolvenzverwalter an die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden, wonach der Tätigkeitsbereich der Landesorgane zu respektieren ist, „weshalb eine Einmengung in Gesetzgebung und Vollziehung des Landes von Vornherein außer Betracht bleibt“. Da aber weniger Geld zur Verfügung stehe, werde sich „mittelbar“ wohl „eine deutliche Einschränkung des politischen Spielraums der Gesetzgebung ergeben; wo dessen Grenzen verlaufen, ist indessen wohl eine genuin öffentlich-rechtliche Frage“.
Das Büroinventar des Landeshauptmannes falle in die Insolvenzmasse, der Masseverwalter müsse aber dafür sorgen, dass der Landeshauptmann einen Schreibtisch hat - und seine Bürokräfte pünktlich bezahlt werden. Designerobjekte im Büro des Landeshauptmannes könnten aber zugunsten der Gläubiger verwertet und durch billigere Objekte ersetzt werden. Auch stehe nirgendwo, dass bestimmte Immobilien oder Fahrzeugmarken genutzt werden müssen. Ebenso zur Insolvenzmasse zählen und grundsätzlich verwertbar sind darüber hinaus Unternehmensbeteiligungen, Kontoguthaben, Forderungen aus dem Finanzausgleich und sämtliche Forderungen aus Wohnbauförderungsdarlehen
Der Ansatz einiger landesnaher Experten, dass man für Kärnten zwischen einem exekutionsfähigen Vermögen und anderen Vermögen, die für die Erfüllung der Aufgaben des Landes während des Insolvenzverfahrens nötig und damit unantastbar seien, unterscheiden müsse, hält Oberhammer für unsinnig. „Eine nähere Begründung, warum nur und gerade eine solche Vermögensspaltung die Funktionsgarantie des Bundeslandes zu gewährleisten vermag, findet sich dabei bemerkenswerter Weise nirgendwo.“
Eine „Vermögensspaltungstheorie“ liefe nach Auffassung landesnaher Experten wohl darauf hinaus, dem Bundesland im Voraus pauschal ein erhebliches Geldvermögen zur Erfüllung von Landesaufgaben zu überlassen - „ein Gedanke, für den es nun wahrlich im Insolvenzrecht keinerlei Anhaltspunkt gibt“, so Oberhammer. In der Insolvenz juristischer Personen unterliege grundsätzlich das gesamte Vermögen der juristischen Person dem Insolvenzbeschlag. Auch führe das Insolvenzverfahren keineswegs zu einer Befreiung von Schulden.
Man dürfe auch nicht vergessen: Die Alternative zu einem geordneten Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter wäre nicht, dass die Haftungen Kärntens nicht mehr durchgesetzt werden können. Vielmehr käme es zu einem „vergleichsweise ungeordneten Gläubigerzugriff in der Einzelexekution“.
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