Finanzbranche

Deutsche Börse und Londoner Stock Exchange fusionieren

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Aktionäre und Aufseher müssen nun entscheiden. Auch bei einem Ausstieg Großbritanniens aus der EU soll Fusion durchgezogen werden.

Frankfurt, London – Die Deutsche Börse und die Londoner Stock Exchange (LSE) machen Ernst mit ihren Fusionsplänen. Der Vorstand der Deutsche Börse habe mit Zustimmung des Aufsichtsrates eine Vereinbarung über einen Zusammenschluss auf Augenhöhe abgeschlossen, teilte der DAX-Konzern am Mittwoch mit.

Deutsche Börse LSE seien überzeugt, dass der Zusammenschluss beide Seiten stärke und die Chance biete, „einen führenden europäischen Anbieter für globale Marktinfrastruktur zu schaffen“. Die beiden Unternehmen erwarten von dem Zusammenschluss Kosteneinsparungen von jährlich 450 Mio. Euro.

Die beiden Börsen drücken bei ihrem geplanten Zusammenschluss auch aufs Tempo. Die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) einigten sich auf einen Zusammenschluss auf Augenhöhe, wie beide Unternehmen am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten. Nun müssen Aktionäre und Aufseher entscheiden.

Zusammenschluss bringt auch Kosteneinsparungen

Die beiden Unternehmen äußerten sich überzeugt, dass der Zusammenschluss beide Seiten stärken werde und die Chance biete, „einen führenden europäischen Anbieter für globale Marktinfrastruktur zu schaffen“. Die Konzerne erwarten von dem Zusammenschluss Kosteneinsparungen von jährlich 450 Mio. Euro.

Die neue europäische Superbörse soll ihren rechtlichen Sitz in London und Hauptsitze in der britischen Hauptstadt sowie in Frankfurt haben. Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter, der den DAX-Konzern erst seit Juni führt, soll das Gemeinschaftsunternehmen leiten. LSE-Verwaltungsratschef Donald Brydon wird nach den Plänen diesen Posten auch im fusionierten Unternehmen übernehmen. Als sein Stellvertreter ist der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Börse, Joachim Faber, vorgesehen.

Angestrebt ist, dass nach dem Umtausch der Aktien die Anteilseigner der Deutschen Börse mit 54,4 Prozent eine Mehrheit an der fusionierten Börse halten. Die LSE-Aktionäre sollen 45,6 Prozent des Grundkapitals der britischen Holdingsgesellschaft „UK TopCo“ halten.

Zusammenschluss würde zu US-Schwergewichten aufschließen

Die beiden Börsenbetreiber hatten nach Marktgerüchten vor drei Wochen ihre Pläne öffentlich gemacht. Für die Deutsche Börse ist es der dritte Anlauf in Sachen LSE nach 2000 und 2005. Zusammen würden Deutsche Börse und LSE nach Börsenwert zu den beiden US-Schwergewichten ICE und CME aufschließen.

Kengeter indes wehrte sich am Mittwoch gegen Vorwürfe, er habe in seiner Zeit bei der Schweizer Großbank UBS über die Manipulation von Leitzinsen wie dem Libor Bescheid gewusst. „Die Anschuldigungen sind falsch“, sagte Kengeter am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Der frühere UBS- und Citigroup-Händler Tom Hayes hat Kengeter und anderen hochrangigen Managern bereits vor einiger Zeit vorgeworfen, von Libor-Manipulationen gewusst zu haben.

Hayes wurde im August in London wegen Zinsmanipulationen von 2006 bis 2010 zu 14 Jahren Haft verurteilt. Bei der Deutschen Börse haben die Vorwürfe gegen Kengeter, die wenige Tage nach seiner Übernahme des Chefpostens in Frankfurt publik wurden, Insidern zufolge keine große Unruhe ausgelöst. Das Unternehmen habe sich vor Kengeters Verpflichtung von diversen Aufsichtsbehörden bestätigen lassen, dass ihm keinerlei Verfehlungen vorgeworfen würden.

Möglicher Brexit ändert nichts an den Plänen

Die Deutsche Börse und der Londoner Börsenbetreiber LSE wollen sich auch durch einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens nicht von ihren Fusionsplänen abbringen lassen. „Das kombinierte Unternehmen wird unabhängig vom Ausgang des britischen Referendums erfolgreich sein“, sagte Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter am Mittwoch in einer Telefonkonferenz.

Kengeter betonte, dass auch bei einem negative Votum an den Bedingungen für die Fusion nicht gerüttelt werde. Allerdings hätten beide Seiten ein gemeinsames Beratungsgremium gebildet, dass die Auswirkungen eines Brexits beleuchten soll. Dies könnte zu einer Umverteilung der Geschäfte in der neuen Gruppe führen.

Kengeter und sein Londoner Kollege Xavier Rolet gaben sich zuversichtlich, dass sie von allen zuständigen Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden grünes Licht für den Zusammenschluss zum nach Erlösen dann größten Börsenbetreiber der Welt bekommen werden. Angebote, welche Bereiche die Börsen aus Wettbewerbsgründen abstoßen könnten, machten sie zunächst nicht. Analysten hatten zuletzt etwa im Geschäft mit der Abwicklung von Handelsgeschäften (Clearing) eine zu große Marktmacht befürchtet.

Kengeter wies das zurück. Er betonte, dass ein gemeinsames Geschäft zu niedrigen Gebühren führen werde. Zudem müssten die Aufseher ein Interesse an einem großen Clearingpool haben, weil dieser mit mehr Liquidität ausgestattet sei und so die Finanzstabilität erhöhe. (APA, dpa, dpa-AFX, tt.com)

Die Londoner und die Deutsche Börse

Die Deutsche Börse betreibt als eine der größten Börsenorganisationen der Welt in Frankfurt einen der wichtigsten Marktplätze Europas. Finanzakteure schätzen das umfassende Angebot vom Handel mit Aktien über den Terminmarkt Eurex bis zur Verwahrung von Wertpapieren. Seit dem 5. Februar 2001 ist die Deutsche Börse AG selbst an der Börse notiert.

Aus steuerlichen Gründen verlagerte der DAX-Konzern 2010 seine Zentrale nach Eschborn vor die Tore Frankfurts. Der alte Börsensaal in der Frankfurter Innenstadt dient vor allem als Fernsehkulisse, gehandelt wird fast nur noch elektronisch.

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Wichtige Zahlen zur Deutschen Börse (Stand 2015):

Nettoerlöse: rund 2,4 Mrd. Euro

Jahresüberschuss: 665,5 Mio. Euro

Mitarbeiter (Jahresdurchschnitt): 4.643

Dividende (Vorschlag): 2,25 Euro

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Die Londoner Börse

ist eine der traditionsreichsten und größten Börsen weltweit. Im Herzen des Finanzzentrums City bringt der Betreiber London Stock Exchange (LSE) mehr als 2.400 Unternehmen aus über 90 Ländern mit Händlern aus aller Welt zusammen, gehandelt wird fast nur elektronisch. Der Londoner Marktplatz ist geteilt in den Hauptmarkt (Main Market) und den Alternativen Investitionsmarkt (AIM) für kleine und wachsende Unternehmen.

Gegründet wurde die LSE 1801. Ihre Geschichte reicht bis 1698 zurück, als Händler John Castaing erstmals Wechselkurse und Preise in einem Kaffeehaus auflistete. 2007 schloss die LSE sich mit der italienischen Borsa Italiana zusammen. Es entstand die börsennotierte LSE Group.

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Wichtige Zahlen zur LSE Group (Stand 2015):

Nettoerlöse: 2,3 Mrd. Pfund (2,9 Mrd. Euro)

Jahresüberschuss: 328,3 Mio. Pfund

Mitarbeiter: ca. 4.700

Dividende (Vorschlag): 36,0 Pence