Harte Tarifverhandlungen bei VW und üppige Boni bei Porsche
Die IG Metall fordert fünf Prozent Lohnerhöhung. Die Mitarbeiter würden wegen „Dieselgate“ nicht zurückstecken.
Wolfsburg Stuttgart – Die Milliardenkosten des Dieselskandals bei Volkswagen sind nach Überzeugung der Gewerkshaft IG Metall kein Grund für Zurückhaltung in der nahenden VW-Haustarifrunde. „Wir sehen überhaupt keinen Auslöser, beim Abschluss wegen „Dieselgate“ zurückzustecken“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Hartmut Meine der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Bei VW-Tochter Porsche gibt es diese Problem nicht. Der Sportwagenhersteller zahlt trotz der angespannten finanziellen Situation beim Mutterkonzern seinen Mitarbeitern wieder einen üppigen Bonus.
Während dessen lässt ein Urteil des Landgerichts Bochum aufhorchen. Volkswagen-Kunden können nach einer Entscheidung des Gerichts nicht auf einen Rückgabeanspruch für vom Abgasskandal betroffene Fahrzeuge setzen
IG Metall will keine Zurückhaltung in Tarifrunde üben
Die Gewerkschaft IG Metall will für die 120.000 Beschäftigten im VW-Haustarifvertrag fünf Prozent mehr Geld, so wie in der Metall-Flächentarifrunde. Die Verhandlungen sind zeitversetzt: Während sie in der Fläche schon begonnen haben, steht das erste Gespräch für den VW-Haustarif erst Ende April an.
Seit 2008 orientieren sich die IG-Metall-Tarifforderungen für VW an denen der Fläche. In den vergangenen Jahren fielen die Erhöhungen immer gleich aus, im VW-Haustarif gab es aber meist ein Sahnehäubchen obendrauf - etwa Einmalzahlungen oder einmalige Rentenzuschüsse.
IG-Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Hartmut Meine bekräftigte das Ziel, bei VW nicht hinter das Ergebnis aus dem Flächentarif zurückzufallen. „Volkswagen wird daher wahrscheinlich auch nicht vor der Fläche abschließen“, machte Meine klar.
Meine verwies zudem darauf, dass Niedersachsens Metall-Flächentarif und der VW-Haustarif inzwischen im Entgelt-Niveau bei Facharbeitern und jungen Ingenieuren „nahezu identisch“ seien. Das ändere sich bei VW in wirtschaftlich guten Jahren nur mit der Erfolgsbeteiligung. Sie sichert den Haustariflern jeden zehnten Euro vom operativen Gewinn bei VW-Pkw, was zuletzt mehrere Tausend Euro pro Kopf und Jahr waren.
„Davon abgesehen ist das Niveau seit 2006 praktisch gleich. Dies gilt auch für die prozentualen Nettoverdienste während der Altersteilzeit. Sie liegen bei VW und in der Fläche bei durchschnittlich 85 Prozent.“ In der Krise damals erfolgten Anpassungen bei Arbeitszeit und Lohn, um dadurch eine Beschäftigungssicherung vereinbaren zu können.
Volkswagens Haustarif umfasst die sechs westdeutschen VW-Werke Emden, Hannover, Salzgitter, Braunschweig, Wolfsburg und Kassel sowie die VW-Finanzdienstleistungen (VW-Bank) und die VW-Immobilientochter.
Üppiger Bonus für Porsche-Mitarbeiter
Knapp 20.000 Porsche-Beschäftigte in Stuttgart und Leipzig bekommen für ihre Arbeit im Jahr 2015 einen Bonus von 8.911 Euro pro Kopf, wie das Unternehmen am Mittwoch in Stuttgart mitteilte.
Die Sonderzahlung liegt etwas höher als 2015 - vor einem Jahr waren es 8.600 Euro. Teilzeitkräfte erhalten einen niedrigeren Betrag.
Der Zuschuss ist aufgeteilt in eine Geldprämie (8.211 Euro) und einen Rentenzuschuss (700 Euro). Porsche-Chef Oliver Blume sprach von verdientem Lohn für großes Engagement. Der Betrag von 8.911 Euro ist eine Anspielung auf das Porsche-Sportwagenmodell 911.
Von der Prämie profitieren 15.600 Mitarbeiter der Porsche AG in der Region Stuttgart sowie 3.800 Beschäftigte einer Porsche-Tochter in Leipzig. Führungskräfte bekommen separate Boni.
Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück sagte: „Es gab ja einige, die laut nachgedacht haben, ob unsere Sonderzahlung gekürzt oder ganz gestrichen werden soll.“ Es könne aber nicht sein, dass Porsche-Mitarbeiter „weniger Sonderzahlung bekommen sollen, nur weil einige Dummheiten gemacht haben“, so Hück mit Blick auf Volkswagen.
Porsche hat das beste Geschäftsjahr in seiner Firmengeschichte hinter sich. Der Umsatz stieg um ein Viertel auf 21,5 Mrd. Euro, der Nachsteuergewinn kletterte um 6 Prozent auf 2,335 Mrd. Euro.
VW muss sich mit Klagewelle auseinandersetzen.
Die Entscheidung des Landgerichts Bochum ein Rückgaberecht für VW-Fahrzeuge mit manipulierten Abgaswerten war deutschlandweit eines der ersten Urteile im Zusammenhang mit dem Abgasskandal. Der Fall könnte die Justiz nun weiter beschäftigen. Der Kläger-Anwalt hatte bereits angekündigt, die nächsthöhere Instanz anrufen zu wollen - dann könnte der Streit letztlich sogar beim Bundesgerichtshof landen.
Volkswagen muss sich im Zuge des Abgasskandals mit einer ganzen Klagewelle auseinandersetzten. Zuletzt hatten Profi-Investoren vor dem Landgericht Braunschweig über drei Milliarden Euro Schadenersatz gefordert. Auch in den USA, wo der Abgas-Skandal durch die Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht wurde, sind bereits zahlreiche Sammelklagen von Autobesitzern und Investoren eingegangen.
In Österreich werben Anwälte ebenfalls um betroffene VW-Kunden. Einzelklagen gegen Fahrzeughändler sind bereits anhängig. Darüber hinaus streben ein Wiener Advokat und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) einen Generalvergleich über eine niederländische Stiftungslösung an. Auch eine Amsterdamer „Stichting“ für mutmaßlich geschädigte Investoren gibt es bereits. (APA, dpa, tt.com)