Diskussion um Grazer Mur-Staustufe und Wasserkraftwerk Puntigam

Graz (APA) - „Sinn oder Unsinn?“ hat Dienstagabend die Frage bei einer Diskussion rund um die Grazer Mur-Staustufe und das Wasserkraftwerk g...

Graz (APA) - „Sinn oder Unsinn?“ hat Dienstagabend die Frage bei einer Diskussion rund um die Grazer Mur-Staustufe und das Wasserkraftwerk gelautet: Einen Konsens blieb das Rednerpodium schuldig, aber für einige interessierte Zuhörer im Publikum bot die Veranstaltung einen Rahmen zur Äußerung ihrer Befürchtungen: fremde Investoren, die mit dem Strompreis „spielen“, und noch schlechtere Luft.

Am Podium nahmen auf Einladung des Grünen-Gemeinderatsklubs rund um Andrea Pavlovec-Meixner noch Clemens Könczöl von der Initiative „Rettet die Mur“, Gert Heigl von der Holding Graz und Energie Steiermark-Sprecher Urs Harnik-Lauris Platz. Während die Grünen und „Rettet die Mur“ seit Jahren gegen das Vorhaben sind, plädierten die Vertreter der Projektwerber naturgemäß für den Bau: Es handle sich um eine „Aufwertung für die Stadt“ und die Umweltexperten hätten mit ihrer positiven Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) schon grünes Licht gegeben. Nach dem Ausstieg des Verbunds müsse dennoch erst die neue Lage geprüft werden, sagte Harnik-Lauris. Einige Investoren hätten Interesse bekundet, in das Projekt miteinzusteigen.

Anders sah es der Sprecher von „Rettet die Mur“: Die UVP sei nur durch Ausnahmeregelungen - begründet mit dem öffentlichen Interesse - durchgebracht worden. Die Initiative sei nicht grundsätzlich gegen Wasserkraftwerke, aber an der Mur stünden bereits mehr als 30 Kraftwerke. Außerdem müssten für die Staustufe Puntigam rund 10.000 Bäume gerodet werden. Sie wirken aber gegen Feinstaub. Der Schuldenstand der Stadt, die bei einem Bau des Kraftwerks einen Zentralen Speicherkanal errichten will, würde inklusive Begleitmaßnahmen und der nötigen Vergrößerung der Kläranlage in Gössendorf um 200 Millionen Euro steigen, rechnete Könczöl vor. „Es ist nicht sinnvoll, in das unökologische und unökonomische Projekt einzusteigen. Wir hoffen, die Energie Steiermark kommt zur Vernunft.“

Auch Pavlovec-Meixner äußerte ihre Bedenken, denn vor allem im Winter, wenn der Strom am dringendsten gebraucht wird, führt die Mur weniger Wasser und es kann weniger Strom produziert werden. Mit höherer Energieeffizienz könne man sich den Bau des Kraftwerks ersparen. Ebenso den Speicherkanal: Dieser soll durch dezentrale Retentionsbecken ersetzt werden, lautete der Vorschlag der Grünen Gemeinderätin. Hinzu komme der seit Monaten niedrige Strompreis, der den Bau unrentabel mache, meinen die Projektgegner.

Das wollte Harnik-Lauris nicht so stehen lassen: Man dürfe nicht den Fehler machen und eine kurzfristige Betrachtung heranziehen, denn dann würde sich derzeit ein Ölkraftwerk am besten rentieren. Entscheidend sei eine mittel- und langfristige Perspektive, sagte der Sprecher. Die „Hände in den Schoß“ zu legen und auf neue Speichertechnologien für eine bessere Nutzung von Sonnenenergie zu warten, sei jedenfalls keine aktive Energiestrategie. Heigl erklärte, dass eine Vergrößerung der noch jungen Kläranlage Gössendorf so oder so passieren müsse: von 500.000 auf 700.000 Menschen.

Das Publikum im voll gefüllten „Governor‘s Room“ im Cafe Kaiserfeld hielt sich mit Wortmeldungen bis zum Schluss weitgehend zurück. Bei der Fragerunde wurden die Bedenken gegen das Kraftwerk immer lauter: Es störe, dass nun für das Projekt irgendwelche Investoren an Bord geholt werden müssen - wie zuletzt etwa auch ein australischer Fonds, der nun Miteigentümer der Energie Steiermark ist. Im Zentrum der Gegenargumente stand die Natur: Gestautes Wasser könnte für weniger Luftaustausch und mehr Nebel sorgen, der im Winter erst recht wieder mehr Stromkosten verursache. Die Bäume würden verschwinden und extra angelegte Walzen für Paddler und Kanuten wären hinfällig. Letzteres entkräftete Harnik-Lauris: Es werde weiterhin Möglichkeiten für Wassersport geben. In punkto Investoren sei noch nichts entschieden: Denkbar sei eine Form der Bürgerbeteiligung.

~ WEB https://www.e-steiermark.com ~ APA128 2016-03-16/09:58