GBV-Bausektor warnt vor wachsender Wohnungslücke - WBIB-Start holprig
Wien (APA) - Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) warnen vor einem weiter wachsenden Wohnungsfehlbestand in Österreich - vor allem weil...
Wien (APA) - Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) warnen vor einem weiter wachsenden Wohnungsfehlbestand in Österreich - vor allem weil der Mehrgeschoßwohnbau in den Städten trotz starker Zuwanderung einbricht. Hauptproblem sind die rasant steigenden Grundstückspreise. Samt hoher Qualitätsnormen führt das dazu, dass immer weniger Wohnbaufördergelder beantragt werden: die fließen vermehrt zum Eigenheimbau.
2015 ist die Wohnbauförderleistung - nach starken Ausweitungen in den zwei Jahren davor - wieder deutlich gesunken. Nach Förderzusicherungen für im Schnitt rund 26.400 Wohnungen 2013/14 lagen die Zusagen im vorigen Jahr mit 22.600 geförderten Wohnungen um 16 Prozent niedriger, damit wurde ein neuer Förderungstiefstand erreicht.
Besonders stark eingebrochen sind die Förderungszusagen bei Mietwohnungen - für GBV-Obmann Karl Wurm „ein ziemlich bitterer Beigeschmack“, wie er am Mittwoch vor Journalisten beklagte. Mit 18 Prozent Minus auf 14.600 geförderte Wohnungen schrumpfte die Förderleistung fast zur Gänze in dem besonders stark nachgefragten Segment.
Obgleich die aktuelle Zahl geförderter Mietwohnungen über dem Tief von 2011/12 liege, könne der steigende Bedarf nach leistbaren Wohnungen damit keineswegs abgedeckt werden, sagte er im Jahrespressegespräch des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen. „Wir schleppen schon eine Förderlücke der letzten Jahre mit. Um diese auszugleichen, müsste die Wohnbauförderleistung eigentlich um 3.500 Mietwohnungen zusätzlich ausgeweitet werden.“
Vor allem der Mangel an günstigem Bauland lässt Bauträger verstärkt auf freifinanzierte Bauten ausweichen, da sich geförderte für sie immer weniger rentieren. Wenn die erlaubte Höchstgrenze zur Inanspruchnahme von WBF-Geldern ein Grundstückspreis von 250 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche sei, faktisch aber erst ab 500 Euro/Quadratmeter Flächen zu haben seien, so müsse jemand zusätzlich zu den 500 noch 250 Euro „dazufinanzieren“, damit sich der geförderte Teil rechnet. Bei 1.000 Euro pro Quadratmeter, was schon Usus sei, „bräuchte ich jemanden, der die 750 Euro Differenz zu seinen 1.000 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche dazuzahlt. Denn zu 1.750 Euro nur für den Grund allein zu verkaufen - das geht nur noch in Bestlagen.“
Solche und andere Kostenexplosionen sollte sich künftig ein „Baukostensenkungsbeirat“ vorknöpfen, dessen Installierung der GBV-Obmann verlangte. Wurm nannte zwei Beispiele aus jüngster Zeit, die auf den ersten Blick ganz harmlos erscheinen würden. So müssten sich etwa in Wien aus technischen Gründen - wegen druckbelüfteter Umschaltungen - Strom-Trafostationen künftig im Erdgeschoß befinden und seien nicht mehr im Keller möglich, damit gehe Nutzfläche verloren. Und die Aufzugsräume oberhalb von Aufzügen müssten derzeit nicht mannshoch sein, ab 2017 aber schon; damit gehe dann etwas von der Gebäudehöhe verloren bzw. von den Nutzflächen.
Die 187 gemeinnützigen Bauvereinigungen haben im Vorjahr in Österreich rund 18.500 neue Wohnungen fertiggestellt, ein Anstieg um 17 Prozent oder 2.740 Einheiten. Für 2016 erwarten sie aber einen Rückgang um 24 Prozent oder 4.500 Einheiten auf 14.100 Neubauwohnungen. 2017 dürfte es nur ein kleines Plus von 6 Prozent auf 14.800 geben.
Das rapide Bevölkerungswachstum und die seit Jahren schwächelnde Wohnbauförderleistung würden die Wohnungsknappheit verschärfen. Speziell für preisgünstige Mietwohnungen werden die Vormerklisten der GBV immer länger, in den letzten fünf Jahren stieg die Zahl der Wohnungsnachfrager um über 50 Prozent, berichtete der Obmann.
Ursache des immer größeren Wohnungsfehlbestands der Städte sei der Einbruch im geförderten Geschoßwohnungsbau. Dieser sank zwischen 2010 und 2013 um 30 Prozent auf im Schnitt rund 15.000 fertige Wohnungen im Jahr, sodass der Neubau geförderter Mietwohnungen in der Zeit fast ganz von den Gemeinnützigen getragen wurde.
Bei den Gemeinnützigen gibt es - mit rund 600.000 Wohnungen - den stärksten preisgebundenen Mietwohnungssektor in Österreich, mit bundesweit rund 40 Prozent aller Mietwohnungen. Mit 6,6 Euro pro Quadratmeter und Monat (bei Neu- und Altmieten zusammen) liege die Miete bei den GBV (inkl. Betriebskosten und Umsatzsteuer) um rund 20 Prozent unter dem Niveau von privaten bzw. gewerblichen Vermietern (mit 8,1 Euro/m2/Monat), rechnete Wurm vor. Bei schon ausfinanzierten GBV-Wohnungen, wo also die Darlehen bereits abbezahlt sind, gebe es dann nur noch eine streng limitierte „Grundmiete“ von 1,75 Euro/m2/Monat zuzüglich eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages (EVB). Ohne EVB lägen die Mieten in ausfinanzierten Objekten bei rund 1,3 Euro/m2/Monat, das sei „etwas einzigartig Günstiges“.
Die Neubauleistung im gesamten heimischen Mietwohnungssektor stieg 2015 um 13 Prozent auf 18.600 Wohnungen weiter an. Das höhere Fertigstellungsniveau, das in den darauffolgenden Jahren nur leicht unterschritten werden dürfte, kann die entstandene Angebotslücke im geförderten Mietwohnungssektor aber nicht füllen, glaubt der Verband.
Abhilfe schaffen soll hier ja die voriges Jahr von der Regierung beschlossene Wohnbauoffensive. Binnen fünf bis sieben Jahren sollen ja rund 30.000 zusätzliche Wohnungen gebaut werden. Dafür sollen 5,75 Mrd. Euro bereit stehen, von denen 5 Mrd. Euro in die Wohnraumschaffung und 750 Mio. Euro in die dazugehörige Infrastruktur fließen sollen.
Doch gerade mit der zentralen Gelddrehscheibe dieser Offensive - der neuen Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) - hapert es noch. Eigentlich sollte sie in Kürze zum Leben erweckt werden, es gibt aber Geburtswehen: Noch immer steht die Aktionärsstruktur der WBIB nicht, es fehlen laut Wurm für rund 30 Prozent des Grundkapitals - und der Risiken - noch Eigentümer aus dem Kreis der Banken. An deren Verantwortung appellierte der GBV-Obmann am Mittwoch. Denn bis Ende März sollte die Konzessionserteilung durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) erfolgen, erinnerte er.
( 0303-16, Format 88 x 106 mm)