Flüchtlinge - Hilfsorganisation: Hilferuf für Traumatisierte
Wien (APA) - Wenn für traumatisierte Flüchtlinge in Österreich nicht schnell psychotherapeutische Hilfe zur Verfügung steht, droht jahrzehnt...
Wien (APA) - Wenn für traumatisierte Flüchtlinge in Österreich nicht schnell psychotherapeutische Hilfe zur Verfügung steht, droht jahrzehntelanges Leiden. Darauf machte am Mittwoch der Wiener Hilfsverein Hemayat aufmerksam. Derzeit fehlten 300.000 Euro für die Betreuung Betroffener. Mehr als 400 Menschen mit Trauma-Erlebnissen stehen auf der Warteliste.
Es geht dabei um die Betreuung von Kindern und Erwachsenen, die durch ihre Kriegs- und Fluchterlebnisse schwerstens beeinträchtigt sind. Seit mehr als 20 Jahren betreut die kleine Wiener Hilfsorganisation (http://www.hemayat.org/) Folteropfer und Kriegsflüchtlinge. Es fehlt nicht an Psychotherapeuten und Psychologen, welche für die Therapien zu niedrigen Honorarsätzen für den Verein bereitstehen, sondern schlicht und einfach an Geld.
„...‘und dann hat es einen lauten Knall gemacht‘. Ibrahim, acht Jahre alt, kann nicht aussprechen, was er erlebt hat. Sein Zwillingsbruder wurde bei einem Bombenangriff in Syrien getötet. In der Schule kann er sich nicht konzentrieren, ist oft laut, dann wieder erschreckt er sich bei jedem Geräusch und sucht unter dem Schultisch Schutz.“ So zitierte die Organisation die Erzählung eines Kindes, das betreut werden sollte. „ Mein Mann wurde vor meinen Augen getötet. Ich musste fliehen, um mein Leben zu retten, aber ich konnte nur meinen Jüngsten mitnehmen“, berichtete den Helfern eine afghanische Mutter von vier Kindern. Sie macht sich große Sorgen um die anderen, bei Verwandten verbliebenen, drei Kinder. Genauso schlimm war eine andere Erzählung. „Mein Freund ist aus dem Boot gefallen und ertrunken“, sagte Ali (5) beim Erstgespräch. Seine Eltern ergänzten: „Seit damals hat Ali große Angst vor Wasser. In der Nacht kann er nur mit Licht schlafen.“
Das Problem liegt darin, dass die für die Abklärungsgespräche mit den Hilfesuchenden zuständige Psychologin, Nora Ramirez Castillo, zumeist vertrösten muss. Dabei stünde ein Team aus Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten und auch Dolmetschern bereit. „Bei Hemayat sind derzeit 321 Menschen, darunter 78 Kinder und Jugendliche, in Therapie. Auf der Warteliste stehen mit dem heutigen Tag 402 Menschen, darunter 85 Kinder und Jugendliche. Von Tag zu Tag werden es mehr“, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung.
Dabei müsste schnell geholfen werden. Acht bis zehn Therapieeinheiten reichen im Durchschnitt aus, um traumatisierten Menschen eine erste Stabilisierung zu ermöglichen. In der Therapie bekommen sie Unterstützung, um die traumatisierenden Ereignisse wie Krieg, Folter, Flucht und Zerstörung sowie ihre seelischen Verletzungen zu überwinden und dadurch auch eine Chance auf einen Neubeginn. „Ohne Behandlung wandeln sich derartig schwere psychische Verletzungen aber in chronische psychische und somatische Erkrankungen“, wissen die Experten.
„Wir brauchen hier und jetzt etwa 300.000 Euro, um den traumatisierten Menschen auf unserer Warteliste eine sofortige Behandlung anbieten zu können“, appellierte Cecilia Heiss, die Geschäftsführerin von Hemayat , an die Wiener Stellen und an die Bundesbehörden. „Der Bedarf an therapeutischer Unterstützung für Menschen aus Kriegsgebieten oder mit Foltererfahrungen wird spürbar größer. Dabei übernehmen wir hier eine so wichtige Aufgabe in der Gesundheitsvorsorge, Integration und Gewaltprävention für diese Stadt.“
Seit Schulanfang im Herbst 2015 bekommt der Verein zusätzlich vermehrt Zuweisungen von Schulen und Kindergärten. Diese Kinder, die bereits so früh mit Krieg und Folter konfrontiert wurden und dringend psychologische und medizinische Hilfe brauchen, werden derzeit von den Kunsttherapeutinnen Birgit Koch und Edita Lintl in Kunsttherapie-Gruppen betreut. Die meisten von ihnen sind aber schwer traumatisiert und brauchen dringend einen Einzel-Therapieplatz, für den es derzeit keine finanziellen Mittel gebe. Auch diese Kinder würden auf der Warteliste landen.
Aus diesem Grund hat sich Hemayat entschlossen, alle Einnahmen des diesjährigen Sommerfestes am 3. Juni 2016 im Palais Schönburg der spezifischen Finanzierung von Einzel-Therapieplätzen für diese traumatisierten Kinder und ihre Familien Zweck zu widmen (S E R V I C E - Hemayat - Spenden: Bankverbindung: IBAN: AT052011128446099600; BIC: GIBAATWW).