Flüchtlinge - Iran drängt auf Zusammenarbeit mit Europa
Wien/Teheran (APA) - Nach der Türkei bietet sich auch der Iran als Kooperationspartner bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise an. „Die Flü...
Wien/Teheran (APA) - Nach der Türkei bietet sich auch der Iran als Kooperationspartner bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise an. „Die Flüchtlinge werden zunehmend zu einem internationalen Thema“, sagte der iranische Innenminister Abdul-Reza Rahmani-Fazli idiese Woche vor Journalisten in Wien. Bisher gebe es aber noch keine „ernsthafte“ Kooperation aufseiten Europas. Konkret will Teheran afghanische Flüchtlinge zurückschieben.
In der Flüchtlingskrise und zur „Befriedung der Region“ sei eine „kollektive Kooperation“ erforderlich, betonte der iranische Innenminister. Solange die Sicherheit in der Region nicht gewährleistet sei, werde die massive Flüchtlingsbewegung weitergehen, sagte Rahmani-Fazli mit Blick auf die Krisenherde in Syrien, Jemen, dem Irak und Libyen.
Im Zuge der Flüchtlingskrise hatten sich auch viele Afghanen, die schon längerer Zeit im Iran lebten, nach Europa aufgemacht. Rahmani-Fazli sagte, dass der Iran in den vergangenen 30 Jahren drei Millionen Afghanen aufgenommen habe. Rund 1,5 Millionen Flüchtlinge seien aus dem Nachbarland integriert worden, das dem Minister zufolge „enorme Ausgaben“ für das rund 80-Millionen-Einwohner-Land hat.
„Wir haben auch mit der afghanischen Regierung gesprochen, um die Rückkehr ihrer Staatsbürger vorzubereiten“, erklärte der Politiker. Kabul wehre sich aber ständig gegen diese Maßnahme, vor allem gegenüber europäischen Ländern, diese - so laut Rahmani-Fazli das Argument der afghanischen Regierung - würden das Land am Hindukusch dabei nicht genug unterstützen. Deshalb fordert er einen „konkreten Zeitplan“, aber zuvor müssten aber die Sicherheitsbedenken geklärt werden.
Rahmani-Fazli verteidigte in dem Pressegespräch auch die umstrittenen iranischen Raketentests. Teheran sehe sich tagtäglich mit Drohungen aus der Region konfrontiert. „Der Iran habe das Recht auf solche Drohungen zu reagieren“. Außerdem seien die Tests innerhalb des internationalen Regelwerks durchgeführt worden, sagte Rahmani-Fazli. Dass eine Sitzung vom UNO-Sicherheitsrats „ohne konkrete“ Beschlüsse geendet hatte, ist für den Minister der Beweis, das alles „legal“ durchgeführt wurde. Auf die Frage ob, er die Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Fars, die unter Berufung auf Vertreter der Revolutionsgarden berichtete, dass zwei getestete Raketen die Aufschrift „Israel muss ausradiert werden“ getragen haben, bestätigen könne, antwortete Rahmani-Fazli: „Das war Teil unserer Antwort.“
Zur innenpolitischen Lage nach den jüngsten Wahlen sagte Rahmani-Fazli, dass es künftig drei politische Lager im Parlament gebe. „Es gibt die Konservativen („Prinzipalisten“), die Reformer und die Moderaten.“ Beim ersten Urnengang vergangenen Februar hatten die Reformer starke Zugewinne für sich verzeichnen können - vor allem in der Hauptstadt Teheran. Von den insgesamt 290 Parlamentssitzen gingen nach amtlichem Ergebnis 103 an Konservative oder ihnen nahestehende Politiker, Gemäßigte und Reformer oder ihnen nahestehende Kandidaten errangen 95 Mandate. Der Rest ging an unabhängige Kandidaten, von Reformern unterstützte Konservative sowie fünf Vertreter religiöser Minderheiten. Im April soll in einer Stichwahl über die Vergabe der übrigen 69 Sitze entschieden werden.
„Tatsächlich können wir kein dominierendes politisches Lager ausmachen“, betonte Rahmani-Fazli . Er selbst zählt sich im Kabinett von Hassan Rouhani (Rohani) zu den Moderaten. Kritiker befürchten, dass das Ergebnis zwar auf den ersten Blick ein großer Erfolg für die Reformer des Landes und damit ein Zeichen in Richtung Wandel sein könnte, aber die unterschiedlichen Lager den politischen Prozess verlangsamten. Rahmani-Fazli glaubt jedoch, dass es trotz dieser „Ausgewogenheit“ eine gute „Koordination und Kooperation mit der Regierung“ geben wird und Entscheidungen auf der „Basis einer breiten Zustimmung“ gefällt werden.
Diese Zustimmung zeigte auch die Wahlbeteiligung von 62 Prozent, das stärkte laut Rahmani-Fazli die Demokratie im Land. Auch Menschenrechtsthemen werden seiner Ansicht nach nicht auf der Strecke bleiben. „Meinungsfreiheit und Frauenrechte zählen zu den Prioritäten“, sagte der Innenminister. Schon in den vergangenen Jahren würden Frauen beispielsweise hohe Ämter in der Politik oder im Management bekleiden. Rahmani-Fazli ist sich sicher, dass das „neue Parlament weitere Schritte“ in diese Richtung einleiten werde.
Rahmli-Fazli war im Rahmen eine Konferenz des UNO-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in Wien. Ein Treffen mit seiner Amtskollegin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) stand diesmal nicht auf der Tagesordnung. Mit ihr war seinen Angaben zufolge vor zweieinhalb Monaten zusammengetroffen. Dabei sei neben Polizeiangelegenheiten auch die Flüchtlingspolitik diskutiert worden. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini reist am 16. April in den Iran. Dabei steht auch die Lage der afghanischen Flüchtlinge im Iran, die inzwischen zunehmend nach Europa kommen, auf der Gesprächsagenda.