Ruzowitzky dreht „Die Hölle“ mit Moretti und Palfrader
Tobias Moretti und Robert Palfrader stehen derzeit für „actionreichsten Thriller Österreichs“ vor der Kamera.
Wien – Es wird keine beschauliche Karwoche für Stefan Ruzowitzky. Fünf Nächte dreht der österreichische Oscar-Preisträger („Die Fälscher“) dann in der Wiener Innenstadt eine rasante Autoverfolgungsjagd, die nur zwei Filmminuten seines neuen Thrillers „Die Hölle“ ausmachen wird. „Gerade ein jüngeres, Action-liebendes Publikum hat eine Erwartungshaltung“, so der Regisseur, „und die muss man auch erfüllen.“
Der Plan, „grob zusammengefasst“: eine Fahrt durch den Stadtpark und quer durch die engen Gassen der Innenstadt, zwei Frontalzusammenstöße am Ring und ein Überschlag am Schwedenplatz. Rund fünf Millionen Euro Budget hat die österreichisch-deutsche Koproduktion, und das soll bestmöglich eingesetzt werden – wird „Die Hölle“ doch als „actionreichster Thriller Österreichs“ angekündigt. „Wir machen jetzt kein ‚The Avengers‘, wo ganz Wien in Trümmern liegt“, sagte Ruzowitzky der APA bei einem Pressetag am Rande der Dreharbeiten in Wien-Floridsdorf am Mittwochnachmittag. „Aber bei dem, was wir machen, verspreche ich, dass die Stunts und Autoverfolgungsjagden und Kämpfe auf einem internationalen Niveau sein werden.“
„Ich mag es schon gern ganz heftig“
Schon mit „Anatomie“ (2000) und seinem Hollywood-Debüt „Cold Blood“ (2012) hat sich Ruzowitzky im Thriller-Genre bewegt. „Die Hölle“ soll aber wesentlich brutaler ausfallen. „Ich mag es schon ganz gern heftig. Gewalt ist in all meinen Filmen von Anfang an Thema, ich habe schon immer einen ordentlichen Blutzoll“, sagt der 54-Jährige. „Weil Gewalt zum Leben gehört und weil es im Film immer um einen Existenzkampf geht. Wobei mir wichtig ist, dass Gewalt nicht Selbstzweck ist, sondern es am Anfang eine böse Gewalt gibt, mit der der Held konfrontiert wird und auf die er dann auf irgendeine Weise reagieren muss.“
Im konkreten Fall ist es die junge, türkischstämmige Taxifahrerin Özge (Violetta Schurawlow), die erst einen grausamen Ritualmord mitansieht und dann als unliebsame Zeugin vom Mörder (Sammy Sheik) gejagt wird. „Sein Pech ist, dass sie eine Thaibox-Mixed-Martial-Arts-Champion ist und irgendwann zurückzuschlagen beginnt. Und den Mörder zur Strecke bringt“, lacht Ruzowitzky. Dass es sich – wie im Mainstream unüblich – um eine weibliche Actionheldin handelt, ist für Ruzowitzky durchaus „provokant und brisant“. „Noch dazu, weil sie eine Türkin ist, eine Muslima, und letztendlich keinen Mann braucht um den Bösen zu besiegen, sondern das mit eigener Faust tut.“
churawlow will Stunts zum Großteil selbst absolvieren
Mehrere Monate hat die 30-jährige Violetta Schurawlow Thaibox-Training absolviert, um sich auf die Rolle vorzubereiten – im Februar gar drei Stunden täglich. Die Stunts will sie bei ihrem ersten Österreich-Dreh größtenteils selbst machen, erzählt die deutsche Schauspielerin mit usbekischen Wurzeln im APA-Gespräch. Ihre Figur sei „von Natur aus eine sehr, sehr starke Kämpferin“. „Sie kämpft sich durchs Leben, hat eine schwere Vergangenheit und ist sehr eigenständig. Sie will sich von niemandem was sagen lassen und hat‘s gar nicht mit dem Vertrauen.“
Morettis spielt den „unsympathischen“ Polizisten Christian Steiner
Das ändert sich, als Özge auf den Polizisten Christian Steiner trifft, verkörpert von Tobias Moretti. „Die beiden sind höchst verhaltensgestört: Sie in ihrer emotionalen Unfähigkeit, durch ihre Psychose, Gewalt, Familie – und er mit seiner narzisstischen Kränkung: Frau weg, und existenziell darauf angewiesen, bei seinem Vater zu wohnen, der aber schwer dement ist“, erläutert Moretti, dessen Figur „unsympathisch“ sei, „so wie alle, die in so einem Vakuum von Apathie und Zynismus als Überlebensstrategie leben.“
Spannend am Drehbuch von Martin Ambrosch („Das finstere Tal“) sei die Divergenz zwischen dem Thriller, „der unheimlich spannend, klar, offensiv, cool und ziemlich hart ist und auch ein gewisses Potenzial hat, ein politisches und gesellschaftliches Spiegelbild zu sein“, so Moretti, und „die Feinstellung von Charakteren, die sich im normalen Leben nie treffen würden“. Dass das Endergebnis der Absichtserklärung entspricht, den „actionreichsten Thriller überhaupt“ zu schaffen, darin hat Moretti „vollstes Vertrauen“. „Wir sind am besten Wege , dass Ruzowitzky das umsetzen kann. Er ist einer, der es oft genug bewiesen hat.“
Ruzowitzky „erschreckend ruhig am Set“
Bei all der Action sei Ruzowitzky übrigens „erschreckend ruhig“ am Set, zeigte sich Nebendarsteller Robert Palfrader („Braunschlag“) überrascht. „Er ist akribisch vorbereitet, so entspannt, ergebnis- und zielorientiert. Er verbreitet eine richtig angenehme Arbeitsatmosphäre.“ Inwiefern der von ihm gespielte Taxiunternehmer Samir in das Geschehen verwickelt ist, dürfe er noch nicht verraten. Nur so viel: „Was ich über das Drehbuch sagen kann: Das hat man so noch nicht gesehen in Österreich“, schwärmt der Schauspieler und Kabarettist. „Es ist verdammt gut geschrieben, es ist sehr aktuell, es ist großartig. Ich fühle mich tief geehrt, dass ich da dabei sein darf. Ernsthaft.“
Noch bis Ende April wird die Koproduktion der Allegro Film mit der deutschen Amazing Film Company in Wien und München gedreht. „Die Hölle“ soll aber „ein klassischer Wien-Film“ werden, verspricht Ruzowitzky. Von Ottakring über Gürtel bis Donauplatte und „schöne Innenstadt“ „haben wir Wien-Klischees dabei und werden auch Klischees brechen“. Kinostart ist 2017. (APA)