Formel 1: Vettel geht mit „Margherita“ auf Mercedes-Jagd
Melbourne (APA) - „Margherita“ soll der Formel 1 neuen Geschmack geben. Nicht nach der gleichnamigen Pizza oder einem Cocktail, sondern nach...
Melbourne (APA) - „Margherita“ soll der Formel 1 neuen Geschmack geben. Nicht nach der gleichnamigen Pizza oder einem Cocktail, sondern nach der italienischen Königin hat Ferrari-Pilot Sebastian Vettel sein aktuelles WM-Auto benannt. Damit will der Deutsche ab kommenden Sonntag vor allem die beiden Mercedes ärgern. Die große Unbekannte 2016 ist die neue K.o.-Qualifikation.
Lewis Hamilton und Nico Rosberg beherrschen mit ihren überlegenen Silberpfeilen seit zwei Jahren die Königsklasse. Die nahezu perfekten Wintertestfahrten der beiden in Spanien erlauben den Schluss, dass dies auch in diesem Jahr so weitergeht. Nicht zufällig bejubelte Weltmeister Hamilton in Montmelo bei Barcelona das „vielleicht beste Auto, das wir je hatten“.
Damit der Titelkampf in der Königsklasse aber nicht zum dritten Mal in Folge auf ein reines Stallduell mit Rosberg hinaus läuft, braucht es Konkurrenz. Und die bietet wie im Vorjahr am ehesten Ferrari. Vettel schaffte 2015 als einziger Nicht-Mercedes-Fahrer (drei) Saisonsiege, dieses Jahr will er noch mehr.
„Unser Ziel, ist die Wende herbeizuführen“, sagte Vettel einen Tag vor dem ersten - vermutlich verregneten - Training in Melbourne, wo am Sonntag (6.00 Uhr MEZ, live ORF eins, RTL und Sky) die WM 2016 beginnt. Mit seiner „Margherita“ alias dem SF16 möchte Vettel schon dabei Mercedes fordern. Hamilton zeigte zwar keine wirkliche Besorgnis, vermutete aber immerhin: „Ferrari hat etwas in der Hinterhand.“
Ob dies genug sei, um Mercedes in diesem Jahr Probleme zu bereiten, bejahte Vettel problemlos mit Ja. Als Favoriten sieht er sich aber natürlich - noch - nicht. „Das ist immer noch Mercedes. Aber wir werden versuchen, diese Rolle in der Zukunft zu erfüllen und vom Jäger zum Gejagten zu werden“, blickte der deutsche Vierfach-Champion dafür weiter voraus.
Dass er und der Finne Kimi Räikkönen Mercedes gleich fordern können, glaubt Vettel aber nicht. „Wir wollen näher dran sein als letzte Saison, wissen aber, dass die Latte sehr hoch liegt.“ So gesehen helfe die bisher längste WM-Saison mit ihren gleich 21 Rennen. „Wenn der Auftakt nicht nach Maß ist, haben wir heuer besonders viel Zeit, aufzuholen.“ Der 28-Jährige hat insgesamt aber ein gutes Gefühl. „Deshalb können wir es kaum erwarten, dass es los geht.“
Neben den Teams haben sich auch die Verantwortlichen drei Dinge einfallen lassen, um der zuletzt eintönigen Formel 1 wieder mehr Spannung einzuhauchen oder zumindest Überraschungseffekte zu erzeugen. Die Fahrer sind nach einer Boxenfunk-Restriktion nun wieder mehr auf sich selbst angewiesen. Dazu kommen neue, komplexe Reifen-Regeln. Vor allem aber das K.o.-System im Qualifying. Das könnte zu einigen Überraschungen führen.
Denn am neuen Format hat einiges noch Erklärungsbedarf, zudem könnte der Versuch auch ein Schuss nach hinten werden. „Dann muss man es eben wieder ändern“, nahm Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff die Sache zunächst gelassen. Dabei hat das Format neben zahlreicher Fahrer-Beteiligung vor allem den Zweck, das Feld auf der Startaufstellung durchzumischen.
Nach dem neuen Schema scheiden in jedem der drei Qualifikationsteile die Fahrer nach einer Anlaufphase in einem 90-Sekunden-Rhythmus aus. Das zwingt alle Piloten früh auf die Strecke, im Idealfall sollen dann ganz am Ende zwei Autos um die „Pole“ kämpfen.
Doch was am Papier logisch aussieht, hat seine Tücken. Wolff etwa fürchtet, dass es unter bestimmten Umständen im großen Finale genau gar nichts zu sehen geben könnte. Vettel hatte das Format gleich nach Bekanntwerden heftig kritisiert und auch in Melbourne noch so seine Zweifel.
„Dass keiner weiß, was passieren wird, ist eigentlich keine gute Situation“, verwies er auf die Tatsache, dass die Teams in Melbourne stundenlang berieten, um alle Eventualitäten für Samstag durchzuspielen. Gut 20 Seiten dick war etwa das diesbezügliche Konvolut des Red-Bull-Strategen, durch das sich am Donnerstag auch Helmut Marko kämpfte.
Übrig blieben trotzdem Fragen. „Was ist, wenn es eine rote Flagge gibt oder es regnet“, rätselte nicht nur der österreichische Motorsportkonsulent. „Wenn du jetzt am Samstag im falschen Moment am falschen Platz bist, bist du draußen“, vermutete Marko.
Für die Red-Bull-Fahrer wäre der Schaden zunächst verkraftbar. Denn die Stärke des neuen RB12, mit dem man wieder dritte Kraft hinter Mercedes und Ferrari werden will, ist wegen des geringen Reifenverschleißes ohnehin die Renndistanz. Deshalb blieben Daniel Ricciardo („Am Sonntag werden wir alle wissen, wo wir wirklich stehen“) und Daniil Kwjat gelassen.
„Natürlich kann so etwas immer Chaos auslösen“, befürchtet der Russe zwar. „Aber man muss sich halt gut organisieren.“ Vettel meinte: „Ich hoffe, dass am Ende der Schnellste wieder ganz oben steht. Sonst wird das auf Dauer sportlich sinnlos.“