Schwaz

Weibliche Stärken gegen verkrustete Strukturen

© Dähling

Mayrhofens neue Bürgermeisterin Monika Wechselberger kämpft gegen Vorurteile. Ihre Waffen: Wissen, Empathie und Gerechtigkeitssinn.

Mayrhofen — Mit Monika Wechselberger hat es in Mayr­hofen erstmals eine Frau im Bezirk Schwaz auf den Bürgermeistersessel geschafft. Die TT traf sie zum Gespräch.

Viele sind überrascht, dass in Mayrhofen eine Frau die Führung übernimmt — in einem Tal, wo bis dato die Männer das Sagen haben. Wie sehen Sie das?

Monika Wechselberger: Ich denke, dass gerade Männer deshalb ein Problem damit haben, weil ich eine „kleine Religionslehrerin" bin. Wäre ich eine große Unternehmerin, wäre es halb so schlimm. Es ist schade, so degradiert zu werden. Die Fähigkeiten eines Menschen nur danach zu beurteilen, was man als Hab und Gut dastehen hat, ist schlicht gesagt dumm. Leider ist diese Haltung in gewissen Kreisen noch weit verbreitet. Ich möchte die Chance haben, mich einzuarbeiten. Mein Ziel ist, dass nach sechs Jahren die Bevölkerung sagt: „Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Ich bin zufrieden."

Was kann eine Frau im Gegensatz zu einem Mann in die Politik einbringen?

Wechselberger: Frauen sind nicht besser in Führungspositionen, jeder hat seine Vorteile. Wir sind evolutionär bedingt aufmerksamer im Bereich der Emotionen. Ich glaube, dass wir Konflikte rascher erahnen und schneller lösen wollen.

Ihre Politik zeichnete bisher ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden aus ...

Wechselberger: Ja, denn ungerechte Behandlung ist auch in der Schule das Schlimmste, was ein Lehrer tun kann. Denn die vergisst man nie.

Sie möchten einige neue Ausschüsse bilden, andere abschaffen. Darunter den Sozialausschuss. Warum?

Wechselberger: Weil der Begriff „sozial" inzwischen so negativ behaftet ist. Er bedeutet für viele, da geht es um Asoziale, die der arbeitenden Bevölkerung auf der Tasche liegen. Dagegen müssen wir auch ein bisschen ankämpfen.

Einige meinen, Sie hätten die Wahl gewonnen, weil Ausländer Sie gewählt hätten. Wie sagen Sie dazu?

Wechselberger: Das liegt daran, dass auf meiner Liste zwei ausländisch klingende Namen stehen. Es ist in den Köpfen hier noch stark drinnen, dass überspitzt gesagt alles, was nicht Kröll, Geisler oder Eberharter heißt, Ausländer ist, auch wenn derjenige seit 30 Jahren hier lebt. Priorität muss sein, Wohnraum zu schaffen für die Leute, die hier leben und arbeiten — egal ob sie Kröll oder Ivanovic heißen. Und nicht Wohnungen für den Meistbietenden zu errichten, der nur drei Wochen im Jahr hier ist. Denn wo bleibt da die Wertschöpfung?

Es gab kritische Unternehmer im Gemeinderat, die im Wahlkampf behaupteten, mit Ihnen gehe Mayrhofen finanziell baden.

Wechselberger: Wenn es so wäre, dass Unternehmer automatisch schlauer wären und mit Zahlen besser umgehen können, frag' ich mich, warum sie alle einen Steuerberater haben. Dann müssten sie das doch selbst können. Ich lasse über meinen Steuerberater nur den Jahresabschluss erstellen. Und ich leite mit meiner Zimmervermietung ja auch einen kleinen Betrieb.

Weil Sie den Schwarzbau eines 4-Sterne-Hotels öffentlich thematisierten, warfen Ihnen Gemeinderäte vor, Sie hätten sich nicht in Angelegenheiten des Bürgermeisters als erste Bauinstanz einzumischen. Wie werden Sie das jetzt als Bürgermeisterin handhaben?

Wechselberger: Das Hotel muss zurückgebaut werden, da bin ich dran. Und ich erwarte mir von einem Gemeinderat auch eine Kontrollfunktion und dass er Missstände aufzeigt. Gebaut werden darf aber auch unter meiner Führung.

Wer Sie kennt, weiß, dass Sie sich auf Sitzungen immer gut vorbereiten. Wie bereiten Sie sich auf Ihre neue Aufgabe vor?

Wechselberger: Auf meinem Nachtkastl liegt derzeit das Baurecht. Das will ich intus haben, denn ich gehe sicher nicht zu einer Bauverhandlung, wenn ich nicht tipp- topp vorbereitet bin (lacht).

Das Interview führte Angela Dähling

Steckbrief

Monika Wechselberger kam am 30.3.1969 zur Welt. Sie ist mit einem Bauhofmitarbeiter der Gemeinde Mayrhofen verheiratet und Mutter zweier Töchter. Nach einer Drogistenlehre in Mayrhofen kamen ihre Kinder auf die Welt. Rund zehn Jahre blieb sie zuhause, engagierte sich aber immer stark in der Pfarre, u. a. als Firmhelferin. Nach einem Jahr Studienvorbereitung und dem Erhalt der Studienberechtigung schloss sie ein Religionspädagogik-Fernstudium an der Uni Salzburg erfolgreich ab. An der Uni Innsbruck studierte sie zudem Fachtheologie mit Magistertitel. Zehn Jahre unterrichtete sie seither an mehreren Schulen. Zudem ist sie Privatzimmervermieterin. Die Bibel hat sie immer bei sich.

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