Machtkämpfe spalten Spaniens linke Podemos

Madrid (APA) - Der Moment könnte ungünstiger kaum sein, gibt Pablo Iglesias zu. Zweieinhalb Monate nach den spanischen Parlamentswahlen vom ...

Madrid (APA) - Der Moment könnte ungünstiger kaum sein, gibt Pablo Iglesias zu. Zweieinhalb Monate nach den spanischen Parlamentswahlen vom 20. Dezember bricht mitten im Koalitionspoker zur Regierungsbildung ein Machtkampf in seiner linksextremen Protestpartei aus. Dieser schwächt nicht nur die Verhandlungsposition der spanischen Newcomer-Partei, sondern bedroht auch die Parteieinheit.

Fast die Hälfte der Madrider Podemos-Regionalspitze verzichtete in den vergangenen Wochen wegen politischer Richtungsstreitigkeiten auf ihr Amt. In Andalusien wettert die dem extremen anti-kapitalistischen Lager angehörende Podemos-Führerin Teresa Rodriguez gegen das „Aufweichen der Madrider Parteispitze“, die immer weiter von der teils utopischen Wirtschaftspolitik abrückt, welche die Partei noch vor knapp einem Jahr verteidigte.

Die jüngsten Koalitionsverhandlungen zur Ernennung einer neuen Zentralregierung provozieren nun aber auch noch einen Riss durch die Parteispitze. Einerseits gibt es eine starke Gruppe hinter Inigo Errejon, Nummer Zwei bei Podemos, die sich für eine offenere Position und eine klarere Unterstützung einer Mitte-Links-Koalition mit den spanischen Sozialisten von Pedro Sanchez (PSOE) ausspricht.

Iglesias hingegen scheint immer noch auf Neuwahlen Ende Juni hinzuarbeiten und die Regierungsverhandlungen mit den Sozialisten ins Leere laufen zu lassen. Sein Kalkül: Bis vor kurzem prophezeiten ihm Wahlumfragen, bei Neuwahlen deutlich an Stimmen zu gewinnen und die Sozialisten als zweitstärkste Partei abzulösen.

Viele Experten wie der spanische Politologe Antonio Elorza sehen darin den Grund für Iglesias Festhalten an Maximalforderungen wie die Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien, was für die Sozialisten unannehmbar ist.

Die Partei ist tief gespalten. Einige wollen eine Mitte-Links-Koalition mit den Sozialisten, der linksextreme Flügel hingegen möchte versuchen, bei Neuwahlen eine Linksregierung zu bilden, bei der nicht die Sozialisten, sondern Podemos den Ton angibt.

Die Lage ist verzwickt. Immer mehr Parteispitzen nehmen den Hut. Das Problem: „Podemos ist eine noch sehr junge Partei, der nicht nur Erfahrung und Struktur fehlt, sondern die auch aus vielleicht zu vielen unterschiedlichen Strömungen gespeist wurde“, erklärt Pablo Simon im APA-Gespräch. Der Politologe der Madrider Carlos III Universität gibt zu bedenken, dass sich in Podemos Anti-Kapitalisten, Linke, Kommunisten, aber auch unzufriedene Sozialisten und „empörte“ Bürger formiert haben, die teils sehr unterschiedliche politische Ansichten haben.

Das größte Problem ist allerdings: Der politische Richtungsstreit, aber auch der autokratische Führungsstil von Iglesias führen bereits zur Abspaltung der regionalen Schwesterparteien, mit denen Podemos eine gemeinsame Parlamentsfraktion bildet. Die katalanische En Comu Podem, Compromis aus Valencia und die galicische Podemos-Variante En Marea kündigten bereits an, bei Neuwahlen als eigenständige Parteien zu kandidieren.

Ein Auseinanderfallen der Podemos-Fraktion im Parlament wäre für Pablo Iglesias ein Todesurteil, weil er dadurch 27 seiner bisher 69 Mandate und eindeutig am politischen Gewicht bei den Koalitionsverhandlungen verlieren würde.

Sozialistenchef Sanchez, der noch bis zum 2. Mai Zeit hat, im zweiten Anlauf eine Regierungsmehrheit hinter sich zu bringen, nutzt die Gunst der Stunde und verhandelt bereits separat mit En Comu Podem, Compromis und En Marea, um Iglesias zu schwächen. „Iglesias dürfte in dieser Situation auf Neuwahlen verzichten und seine Maximalforderungen herunterschrauben. Damit könnte nun Bewegung in die festgefahrenen Koalitionsverhandlungen kommen“, meint Politologe Pablo Simon.