Formel 1: „Kartell“ in der Königsklasse? - Arrivabene: „Lächerlich“
Melbourne (APA) - In der Formel 1 gibt es kein Kartell. Den diesbezüglichen Vorwurf haben die Teamchefs von Mercedes und Ferrari am Rande de...
Melbourne (APA) - In der Formel 1 gibt es kein Kartell. Den diesbezüglichen Vorwurf haben die Teamchefs von Mercedes und Ferrari am Rande des Australien-Grand-Prix in Melbourne von sich gewiesen. Aufgekommen war die Diskussion durch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, der bei seinem jüngsten Rundumschlag („Schlecht wie noch nie“) auch gemeint hatte, die „Königsklasse“ würde kartellartig beherrscht werden.
Tatsächlich rüsten Mercedes (Williams, Force India, Manor) und Ferrari (Toro Rosso, Sauber, Haas) neben den eigenen auch noch jeweils drei (bezahlende) Kundenteams mit ihren Motoren aus und haben damit dementsprechend viel Einfluss. Nur drei der aktuell elf Teams fahren nicht mit den - sündteuren - Antrieben von Mercedes oder Ferrari. Neben McLaren (Honda) ist das Renault, bei dem auch Red Bull Racing die Motoren kauft.
„Absolut lächerlich“, nannte nun in Melbourne Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene die Aussagen Ecclestones. Der 85-Jährige hatte im Februar in einem Interview mit der Zeitung „Daily Mail“ die Formel 1 als „schlecht wie noch nie“ bezeichnet und zudem gemeint, die schwierige Situation der „Königsklasse“ sei darauf zurückzuführen, dass Mercedes und Ferrari so viel Macht hätten. „So etwas nennt man Kartell. Und Kartelle sind illegal“, war Ecclestone damals zitiert worden.
Inzwischen ist der langjährige Formel-1-Zampano und nunmehrige Geschäftsführer der „Formula One Group“ deutlich zurückgerudert. „Ich erwarte spannende Rennen“, sagte Ecclestone vor kurzem in einer englischen Zeitung, nachdem ihn auch Daimler-Chef Dieter Zetsche öffentlich gerügt hatte.
Die Kartell-Zitate waren in der australischen Metropole, wo gerade ein aufsehenerregender Mafia-Mord an einem Anwalt die Medien beschäftigt, aber weiter Thema. „Man muss da sehr vorsichtig sein. Wir reden hier über Unternehmen, die eine lange Geschichte haben und ihre Reputation nicht wegen solcher Aussagen aus dem Fenster werfen“, ärgerte sich Arrivabene.
Sich mit Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff oder Cyril Abiteboul von Renault zu treffen, sei etwas völlig Normales. „In dieser Welt muss man manchmal vorsichtig sein. Aber wenn ich mit Toto und Cyril essen gehe, ist das deshalb ein Kartell?“, fragte Arrivabene. Man könne da viel von Rugby lernen. „Auf dem Spielfeld gehst du mit den Fäusten aufeinander los, aber nachher gibt es gemeinsames Essen. Niemand spricht deshalb von einem Kartell.“
Auch Wolff argumentierte in diese Richtung. Schon Tags zuvor hatte der Österreicher in einem Interview der APA - Austria Presse Agentur Unverständnis für die Äußerungen Ecclestones gezeigt. Er verfüge nicht über die tiefenpsychologische Ausbildung die notwendig sei, um das zu verstehen, war Wolff dabei sehr deutlich geworden.
Ecclestone hatte in der jüngeren Vergangenheit mehrmals mit kryptischen Bemerkungen aufhorchen lassen. Er müsse derzeit mit quasi gefesselten Händen die Formel 1 führen, hat er erst unlängst angedeutet, dass er womöglich geänderte Besitzverhältnisse vorziehen würde.
„Bernie ist immer gut für Kontroversen“, wiederholte Wolff am Freitag an der Rennstrecke bei der Pressekonferenz der Teamchefs. „Wären wir aber ein Kartell, würden wir nicht hier sitzen“, winkte der Wiener ab. „Wir reden hier von multinationalen, globalen Unternehmen und da ist Compliance sehr wichtig“, betonte der wie Niki Lauda am Mercedes-Team beteiligte Wolff. „Das sind nur Schlagzeilen, sonst nichts.“
Etwas distanzierter meldete sich Christian Horner von Red Bull Racing zu Wort. Als Leiter des unabhängigen österreichischen Teams von Dietrich Mateschitz, dem im Vorjahr weder Mercedes noch Ferrari Motoren geben wollten, hatte der Engländer zumindest teilweise Verständnis für Ecclestone.
„Ich verstehe, dass er als Promoter frustriert ist, weil er keinen Einfluss mehr hat während die Hersteller zusammen viel Macht haben“, sagte Horner. „Es gibt einige Themen, die dringend zu besprechen wären“, machte der Brite klar, dass es aus seiner Sicht sehr wohl „Baustellen“ gäbe.
Tatsächlich haben sich die Machtverhältnisse in der globalen Sportart Formel 1 in den vergangenen Jahren verschoben. „Ecclestone hat im Zuge des geplanten Börseganges die Macht scheibchenweise an die Teams verkauft“, meinte etwa der frühere Grand-Prix-Pilot und Teambesitzer Gerhard Berger. „Aus der IPO ist nichts geworden, jetzt haben wir den Salat“, sagte Berger in einem Gespräch mit der APA.
Für den Tiroler ist klar, dass die Oberhoheit in der Formel 1 wieder in eine Hand gehört. Und zwar in jene des Motorsport-Weltverbandes (FIA) sowie in die für die kommerzielle Seite zuständigen Organisation. Berger: „Wichtig wäre, dass die zwei zusammen arbeiten und sich verstehen.“