Junger Skiurlauber haftet für Lawinenauslösung
Das Oberlandesgericht entschied, dass auch ein normaler Skifahrer für die Verursachung einer Lawine haftet. Sorgfalt muss jeder walten lassen.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck –Ein richtungsweisendes Urteil zum Verhaltensmaßstab im alpinen Raum erging nun rechtskräftig am Oberlandesgericht (OLG) Innsbruck. Demnach haftet ein junger französischer Skifahrer voll für Schäden einer Lawine, die er zuvor durch eine Abkürzung zum Hotel über freien Skiraum ausgelöst hatte. Rückblende: Es war ein herrlicher Februartag, als die Urlauberfamilie zum Skitag aufbrach. Im Wetterbericht wurden erstmals frühlingshafte Temperaturen und ein kurzzeitiges Ansteigen der Null-Grad-Grenze auf 3000 Meter Seehöhe angekündigt. Schon in den späten Vormittagsstunden würde daher die Lawinengefahr von mäßig auf erheblich (Stufe 3) ansteigen.
Gegen 15 Uhr fuhr das Elternpaar auf der Piste ins Tal und dann weiter mit dem Skibus zum nahen Hotel. Der Sohn nahm jedoch eine Abkürzung, die unterhalb eines Skiwegs direkt über freien Skiraum zum Hotel führte. Der 35 Grad steile Hang war zuvor schon von anderen Personen befahren worden. Als der Bursche jedoch einfuhr, löste sich eine Nassschneelawine, die direkt auf eine darunterliegende Landesstraße rutschte und dabei einen Skibus bis auf zwei Meter Höhe verschüttete. Verletzt wurde dabei niemand, aber die Schäden summierten sich auf 26.637 Euro. Geld, das das Busunternehmen wiederhaben wollte.
Nach erstinstanzlichem Beweisverfahren kam Zivilrichterin Claudia Zimmermann-Ganahl zum Schluss, dass hier auch eine Person ohne besondere Alpinkompetenz sorgfaltswidrig gehandelt hatte. Auch wenn für einen solchen Skifahrer nicht erkennbar gewesen sei, dass das Befahren des Hanges aufgrund der herrschenden Verhältnisse die konkrete Gefahr einer Lawinenauslösung in sich geborgen habe, bestehe auch bei Normalskifahrern ein allgemeines Wissen darüber, dass durch eine Hangabfahrt grundsätzlich die Möglichkeit einer Lawinenauslösung besteht – wobei die Gefahr mit der Steilheit wächst. Eine haftungsbegründende Sorgfaltswidrigkeit sei deshalb vorzuwerfen.
Ein Urteil, das das OLG nun vollinhaltlich bestätigte und ergänzte: „Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss auch die Sorgfalt aufwenden, dass daraus kein Schaden entsteht. Die hier leicht abzuwendende Gefahrenquelle (Hangeinfahrt) wäre auch für einen Durschnittsfahrer ohne Alpinkompetenz zumindest erkennbar gewesen.“