Widerstand gegen Lula-Ernennung - Rousseff warnt vor Putsch
Brasilia (APA/dpa) - Brasilien rutscht immer tiefer in eine schwere politische Krise. Nach der Ernennung von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula d...
Brasilia (APA/dpa) - Brasilien rutscht immer tiefer in eine schwere politische Krise. Nach der Ernennung von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva zum Kabinettschef der Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff und einer Blockade der Personalie durch einen Bundesrichter forderten in mehreren Städten tausende Demonstranten ein Ende der Linksregierung.
Diese legte Berufung ein - Rousseff bestreitet, dass Lula zum Schutz vor Korruptionsermittlungen Minister berufen wurde. Die Arbeiterpartei regiert das fünftgrößte Land der Welt seit 2003.
„Lula“ (70) warnte in einem offenen Brief vor einer Vorverurteilung, Telefonat-Mitschnitte wurden öffentlich gemacht. „Meine Privatsphäre, die meiner Frau, meiner Kinder und meiner Arbeitskollegen ist in den vergangenen Wochen durch illegal weitergegebene Informationen verletzt worden“, kritisierte er. Dies sei traurig und beschämend.
Der frühere Justizminister Jose Eduardo Cardozo sagte der Zeitung „Folha de Sao Paulo“ mit Blick auf das mit laufenden Ermittlungen begründete Richterveto, Lula sei zwar nun formell Minister, könne aber wohl vorerst nicht auf einige Privilegien zählen: diese könnten ihn vor Untersuchungshaft und einem Korruptionsprozess bewahren.
Als Minister mit allen Privilegien wäre nur der Oberste Gerichtshof zuständig. Und nicht mehr der rigoros ermittelnde Richter Sergio Moro, der nach Veröffentlichung der Mitschnitte aber auch zunehmend umstritten ist. Fast 60 Politiker sollen in Schmiergeldzahlungen bei Auftragsvergaben des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras verwickelt sein. Von der Arbeiterpartei bis zu führenden Oppositionspolitikern.
Auch ein Gespräch mit Rousseff wurde publik. Es legt den Verdacht nahe, dass Lula nicht nur der Regierung beim Überwinden der Krise helfen, sondern vor Attacken der Justiz geschützt werden soll. Rousseff sagte dazu: „So fangen die Staatsstreiche an.“ Venezuelas sozialistischer Staatschef Nicolas Maduro forderte „weltweite Solidarität“ mit Rousseff und Lula. In Brasilien werde von Medien und Justiz an einem Staatsstreich gearbeitet, meinte Maduro.
Im Abgeordnetenhaus wurde eine 65-köpfige Sonderkommission gebildet, die ein Amtsenthebungsverfahren der bis Ende 2018 gewählten Rousseff in Gang setzen soll. Durch die Nominierung Lulas scheint ihr nicht der erhoffte Befreiungsschlag zu gelingen. Scheinbar in Erwartung eines Endes der Regierung verzeichnete die Börse in Sao Paulo mit Plus von 6,6 Prozent zeitweise den höchsten Tagesanstieg seit 2009.